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Besondere Momente:
Rezension "Königsgala 2014" in Füssen

Ein unvergessener Bayernkönig, zwei charmante Gastgeber und fünf illustre Gäste, deren Namen allein schon für hohe Erwartungen sorgen: Sabrina Weckerlin, Thomas Borchert, Ethan Freeman, Patrick Stanke und Mark Seibert. Zu Beginn der fünften Königsgala im Festspielhaus Füssen - veranstaltet wie immer zu Ehren des Geburtstags von König Ludwig II. - versprachen Janet Chvatal und Marc Gremm eine „Perlenkette der schönsten Musicalmomente". Um es gleich vorweg zu nehmen: Dieses Konzert war mehr als das. Es war ein Abend der ganz besonderen Momente, ein Abend voller Überraschungen, getragen von grandiosen Stimmen und geprägt von einer wunderbaren Stimmung.

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Nach dem Opener „Brennende Herzen" von Janet Chvatal und Marc Gremm aus deren gleichnamiger CD, stellen sich alle Künstler mit einem Solostück aus einer ihrer jeweiligen Hauptrollen vor.

Die tiefe Bühne des Festspielhauses ist optisch durch vier Säulen unterteilt, die in unterschiedlichen Farbtönen illuminiert werden. Von einer Freitreppe im Bühnenhintergrund beginnt Ethan Freeman mit „Wie kann ich sie lieben?", bevor sich Thomas Borchert als Graf von Monte Christo an den „Mann, der ich einst war" erinnert. „Das bin ich" weiß Sabrina Weckerlin als Päpstin. Den letzten Tanz legt Mark Seibert als verführerischer Tod aufs Parkett und Patrick Stanke fragt sich, wie er wohl seinen Schatten los werden kann. Alle Künstler überzeugen nicht nur mit hervorragenden gesanglichen Leistungen, sondern wissen auch den Rollencharakter gleichsam in der Stimme mitschwingen zu lassen. Ethan Freemans Gestik und Mimik visualisiert besonders eindrucksvoll die Verzweiflung des verzauberten Biestes, Patrick Stanke mimt das an sich selbst verzweifelnde Genie Mozart geradezu beängstigend real.

Nach diesem fulminanten Einstieg kündigen sich ruhigere Töne an: Ein Konzertflügel wird auf der Drehbühne hereingefahren, eine Trennwand mit mal weiß, mal rot ausgeleuchtetem Mond schafft ein intimes Flair. Es folgen Lieder, die man – so Janet Chvatal – selten auf Galas hört, die aber den Künstlern am Herzen liegen. Sie selbst sei glücklich darüber, in ihrem Leben so viel Liebe zu erfahren und sie hoffe, dass man ihr jetzt ein paar Fehler verzeihen wird. „Ich habe zuletzt in der Schule öffentlich Klavier gespielt" fügt sie sichtlich nervös hinzu. Sie singt und spielt eine eigene, sehr innige Version von „Dir gehört mein Herz", die mit tosendem Beifall belohnt wird. Offensichtlich hat das Publikum ihr die paar Verspieler nicht übel genommen. „Jetzt ist es vorbei, jetzt können wir Spaß haben". Janet Chvatals Moderationen sind keine glattgeschliffenen, auswendig gelernten Texte, sondern spürbar authentisch. In der so aufkommenden Wohnzimmer-Wohlfühlatmosphäre entsteht nicht nur eine starke Verbindung zwischen Publikum und Akteuren, sondern auch zwischen den unterschiedlichen Künstlerpersönlichkeiten.

koenigsgala 16In lockerem Gespräch mit der Gastgeberin überlegt Sabrina Weckerlin, später vielleicht lieber ohne Schuhe auf die Bühne zu kommen, damit sie den Duettpartner nicht überragt. Das sei „besser für die Männer". Zunächst aber gibt sie äußerst eindrucksvoll „Ein neues Leben" aus „Jekyll & Hyde". Am Flügel begleitet wird sie von Claudia Born, deren elegantes Spiel und leichter Anschlag den Gesang mit perfektem Klangteppich unterlegt, ohne ihn zu dominieren. Später kommt die Pianistin noch einige Male zum Einsatz, nun aber nimmt Thomas Borchert am Klavier Platz.

Die Uraufführung seiner Eigenkomposition „Leben ohne dich" wird zu einem der Glanzpunkte einer durchweg fantastischen Gala. Borchert klingt samtweich, er durchlebt den von Michael Kunze verfassten Text „ich kann leben ohne dich, an den Schmerz gewöhnt man sich" mit tiefem Gespür, aber ohne jegliches Pathos. Borchert baut in seiner Ballade gekonnt einen Spannungsbogen auf, der sich gegen Ende mit einer sehr dynamisch gehaltenen Bridge ins Crescendo steigert und mit einem letzten Refrain wieder auflöst. Der vielseitige Künstler begeistert dreifach: als Sänger ebenso wie als Komponist und Pianist.

Emotional geht es auf der nun blau-weiß-rot beleuchteten Bühne mit einem Block aus „Les Misérables" weiter. Marc Gremm setzt seinen kräftigen und zugleich gefühlvollen Bariton bei „Sterne" hervorragend ein. „Javerts Selbstmord" ist ohne den Kontext des Stückes nicht einfach zu vermitteln. Gremm verdeutlicht Javerts Gedankengänge mit hervorragend gesetzter Mimik und Gestik und überzeugt mit nuancierter Stimmführung. „Dunkles Schweigen an den Tischen" beklagt Patrick Stanke. Mit seinem weichen Tenor umreißt er die ganze Palette an Gefühlen, mal leise trauernd, mal laut anklagend. Krönender Abschluss des ersten Teils wird das zum Terzett gewandelte „Bring him home". Nun wieder zu Orchesterplayback und in englischer Sprache gesungen, vereinen Mark Seibert, Patrick Stanke und Ethan Freeman ihre Stimmen zu grandiosen Harmonien.

koenigsgala 06Ganz ähnlich, mit einem viergeteilten Phantom, geht es nach der Pause weiter. Die „Musik der Nacht" singen Thomas Borchert, Marc Gremm, Mark Seibert und – wer sagt, dass alle Phantome männlich sind? – Janet Chvatal. Die bekannte Melodie wird variiert, die drei unterschiedlich hohen Männerstimmen werden ideal ergänzt von Chvatals klassischem Opernsopran. Geballte Stimmpower in den gemeinsam gesungenen Sequenzen machen aus diesem oft gehörten Lied ein völlig neues Klangerlebnis.

Auf der „dunkleren Seite der Musicalgeschichten" angekommen, erwartet das Publikum gespannt das Duett „Der letzte Schritt" aus dem „Phantom der Oper". Janet Chvatal erzählt, dass sie leider nie mit Ethan Freeman gemeinsam in diesem Stück auf der Bühne stand und sich deshalb jetzt besonders auf den Auftritt freut. Claudia Born stimmt am Flügel die ersten Töne an, Chvatal stellt sich in Position und - wartet. Sekunden vergehen. „Phantom?" piepst sie mit Kleinmädchenstimme. Erste Lacher im Publikum. „Es ist wohl wieder ins unterirdische Labyrinth abgetaucht" überlegt Janet-Christine. Und weiter: „In dieser Szene tötet das Phantom den Tenor." Erneute Lachsalven, und als Thomas Borchert, ganz Gentlemen, der alleine auf der Bühne wartenden Dame zu Hilfe eilt und „Wo ist denn der Ethan?" singt, ist das Publikum kaum noch zu halten. Endlich erscheint der lang Gesuchte auf der Bühne, textkonform mit den Worten „Endlich kommst Du". Es dauert eine Weile, bis sich nicht nur das Publikum, sondern auch die Künstler auf der Bühne soweit gefasst haben, dass es weitergehen kann. Eine Ablaufpanne, die zum bejubelten Showstopper wird – das hat Seltenheitswert. Fast unnötig zu erwähnen, dass beide das Duett gewohnt stimmstark beenden.

Die im ersten Teil vermissten Duette bekommt man nun zu Gehör. Sabrina Weckerlin entschwindet mit starkem Belt und Thomas Borchert in „Totale Finsternis", und überlegt danach mit Mark Seibert, wer wohl ewig leben möchte. Für die Musik leben Marc Gremm und Janet Chvatal, und mit Patrick Stanke heißt es dann „Come what may". Alle Duette bestechen durch klangvolle Stimmen, die sich perfekt ergänzen.

koenigsgala 11Auch die weiteren Solopartien begeistern: Thomas Borchert fasziniert mit der „Unstillbaren Gier" und überrascht mit gewagten Tanzeinlagen bei „Sweet Transvestite", Mark Seibert reißt das Publikum bei „I want to break free" buchstäblich von den Sitzen, Patrick Stanke singt ein ergreifendes „Anthem" aus „Chess". Ihren „Sinn für Stil" beweist die stimmgewaltige Sabrina Weckerlin, bevor der Abend mit dem Königsgala-Pflichtprogramm endet: Ethan Freeman mit „Schwarze Schatten", der Arie des geheimnisvollen Schattenmannes, eröffnet den Block aus dem Musical „Ludwig²". Dann folgt Marc Gremm, nun gewandet als König Ludwig II, mit den kalten Sternen, die in das mit Janet Chvatal gesungene Finale „Schloss der Zukunft" übergehen. Den Bogen zum Konzertbeginn schließt das von allen gemeinsam angestimmte „Leb' Deinen Traum", das Nic Raine, einer der Komponisten des Ludwig²-Musicals, für das Füssener Künstlerpaar schrieb.

Wenn es überhaupt Kritikpunkte gibt, dann sicher, dass der Ludwig²-Block sehr kurz ausgefallen ist, obwohl gerade diese Lieder für das Füssener Publikum einen besonderen Stellenwert haben. Der Ton war einwandfrei, die Verfolgerspots dagegen nicht immer dort, wo auch die Künstler standen. Auch die Nebelmaschine sollte das nächste Mal gedrosselt werden, vor allem in den vorderen Reihen war der dichte Dampf definitiv zu viel des Guten. Ins Gewicht fallen diese Kleinigkeiten jedoch nicht. Was zählt sind die großartigen Künstler, die ohne jeden Zweifel zu den Besten ihres Genres zählen und auf allerhöchstem Niveau singen und spielen, die stimmige Programmgestaltung und nicht zuletzt die intensive Atmosphäre, die Künstler und Publikum vereint. Absolut zu Recht trägt die Königsgala 2014 den Zusatz „Gold".

Text: Sylke Wohlschiess

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... und hier noch ein paar fotografische Eindrücke der Königsgala 2014:

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