Rezension Cast-CD
„Der Medicus"
Studio-Cast-CD: „Der Medicus"
Erscheinungsjahr: 2016
Spieldauer: 69 Minuten
Schon kurz bevor am 17. Juni 2016 die Weltpremiere von „Der Medicus“ über die Bühne des Fuldaer Schlosstheaters ging, war die Studio-Cast-CD des neuen Musicals von Dennis Martin (Musik und Text; zusätzliche Musik: Marian Lux; zusätzliche Texte: Christoph Jilo und Wolfgang Adenberg) zu haben. Nun hat Spotlight-Musicals eine auf 19 Nummern erweiterte Version nachgereicht, in der auch so wichtige Stücke wie „Mein Weg“ oder „Nimm die Last von meinen Schultern“ enthalten sind. Somit ist der einzige wirklich ins Gewicht fallende Kritikpunkt ausgeräumt und man darf mit Fug und Recht behaupten, dass diese CD ins Regal eines jeden Musicalfreundes gehört.
Insgesamt 30 Musiker spielten „Der Medicus“ an zwei Orten ein: die Orchesterparts unter dem Dirigat von Michael Reed in den Berliner Hansa Studios, die Chorstücke und Soli in Fulda. Die Komponisten sitzen selbst an den Keyboards, Produzent Peter Scholz greift zum Bass. Mit der sensiblen Orchestrierung von Roy Moore und Michael Reed ergibt sich ein perfekter musikalischer Gesamteindruck, der die unterschiedlichen Musikstile zu einem stimmigen Ganzen verbindet. Der Sound ist klar und voll. Ob voluminöse Streicherklänge oder differenzierter Einsatz einzelner Instrumente, die Musik verläuft analog zum Geschehen und transportiert die jeweilige Atmosphäre so intensiv, dass man die Wälder und Seen der schottischen Lowlands oder Isfahans bunte Vielfalt regelrecht vor sich sieht.
Die Texte fügen sich Silbe für Silbe vorbildlich auf die Melodien. Bei beschwingten Ensemblenummern wie „Machen wir das Beste draus“ stimmen Zeilen wie „Wir motten uns’re Pläne ein und lassen Fünfe g’rade sein“ gleich fröhlich. An anderer Stelle rühren Worte voller ehrlicher Emotionalität fast zu Tränen, wie beispielsweise Ibn Sinas Vermächtnis an Rob: „Nun geh und trag die Wahrheit durch die Zeit“.
Reinhard Brussmanns sonore Stimme zeichnet den weisen Ibn Sina sowohl gesanglich als auch in den Sprechszenen hundertprozentig authentisch. Ebenso überzeugt Friedrich Rau in der Titelrolle auf ganzer Linie. Sein Solo „Mein Weg“ ist neben „Wenn die Sterne mit uns sind“, dem Duett zwischen Rob und Mary, ein weiterer Anspieltipp. In diesen Reigen fügt sich „Kilmarnock“, Marys Ode an die Heimat, die Sabrina Weckerlin mit spürbarer Hingabe und wunderbar weicher Stimme intoniert. Auch „Unter diesem Dach“, gesungen von Rob, Lutz Standop als Mirdin und Andreas Wolfram als Karim, zählt dank der fließenden Melodieführung und der stimmlichen Harmonie der drei Sänger zu den Liedern, die man sich wieder und wieder anhören möchte.
Die gesamte Cast singt grandios, Dorothea Maria Müller als Robs Mutter Agnes ebenso, wie Devi-Ananda Dahm als Mirdins Frau Fara. Sebastian Lohse und Léon van Leeuwenberg übernehmen jeweils zwei Rollen und verstehen es, ihre Stimmen dafür sehr gekonnt zu variieren. Claudius Ruppel gefällt als junger Rob bzw. Samuel mit deutlicher Aussprache und sehr guter Betonung.
Da auf der CD die vielen Intros und Reprisen fehlen, die das vielschichtige Geschehen verständlich zusammenfügen, ist es schade, dass die Songtitel nicht an den entsprechenden Stellen der ausführlichen Synopsis eingefügt wurden. Auch Szenenbilder hätten das 48-seitige Booklet, das direkt ins Digipack eingeklebt ist, noch sinnvoll ergänzt. Schön ist, dass neben den Texten und Castfotos auch eine Abbildung des Ibn Sina (ja, den gab es wirklich) im Booklet abgedruckt ist. Zwar fehlen auf der neuen Aufnahme nur noch fünf Lieder, aber vielleicht gibt’s ja noch eine dritte Version. „Der Medicus“ ist ein Musical, das eine Gesamtaufnahme definitiv mehr als verdient hätte.
Text: Sylke Wohlschiess
CD-Tracklist
- Prolog
- Die Zeiten sind hart
- Für Leib und Seele
- Verliert den Glauben nicht
- Mein Weg
- Machen wir das Beste draus
- Kilmarnock
- Ich muss es tun
- Unter diesem Dach
- Das Herz dieser Stadt
- Die Pest ist in der Stadt
- Die Gabe
- Ala Schah
- Wenn die Sterne mit uns sind
- Wenn wir jetzt nicht weitergeh'n
- Ein Arzt in der Familie
- Alles nur ein Spiel
- Nimm die Last von meinen Schultern
- Es fühlt sich nach Heimat an (Finale)
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