„Evita“-Proben am TudK: Auf nach Argentinien
04.06.2023 - Musical „Evita“ von Andrew Lloyd Webber (Musik) und Tim Rice (Libretto) im Theater unter den Kuppeln in Leinfelden-Echterdingen/Stetten - Probeneinblicke
Ein echter Klassiker des Musicaltheaters steht im Sommer 2023 auf dem Programm des Theaters unter den Kuppeln (TudK): „Evita“, das Musical von Andrew Lloyd Webber (Musik) und Tim Rice (Libretto) feiert am 16. und 17. Juni Premiere. Aktuell laufen die Endproben...
...die von den Mitwirkenden gerne die „Hellweeks“ genannt werden.
„Evita“: die Spannung steigt
Nahezu täglich probt das Musical-Team auf der Freilichtbühne in Leinfelden-Echterdingen/Stetten. Jetzt heißt es, die einzelnen Szenen zusammenzubringen und Ensemble, Hauptrollen und Orchester zu koordinieren. Der Szenenablauf wird überprüft. Passen die in den Proberäumen eingeübten Auf- und Abgänge auf der 360 m² großen Bühne, die über eine 15 m² große Drehbühne und mehrere Spielebenen verfügt? Regisseur Leif Klinkhardt, Regieassistentin Giacoma Minoia und die Musikalische Leiterin Angela Wiedemer nehmen letzte Änderungen vor, optimieren und sorgen für flüssige Übergänge.
Das ist nicht immer ganz einfach, denn die Drehbühne muss manuell bewegt werden - damit dies den Gesamtablauf nicht stört, braucht es exakte Koordination und neben den kreativen Köpfen auch Techniker, die ebenso engagiert bei der Sache sind. Alexander Konz, Dennis Heise und Marc Schleicher sorgen dafür, dass Bühnentechnik, Ton und Licht reibungslos funktionieren und ineinandergreifen. Das technische Equipment kann durchaus dem Vergleich mit Profibühnen standhalten. Bühnenumbauten werden ebenso geprobt wie Kostümwechsel. Auch die Schrittfolgen und Tanzszenen, für die einmal mehr die Choreografinnen Nina Oelmann und Sara Crouch Rymer verantwortlich zeichnen, entfalten auf der großen Bühne ihre ganze Wirkung. Und getanzt wird oft in Argentinien.
Im Musical „Evita“ erzählen Komponist Andrew Lloyd Webber und Texter Tim Rice in Rückblenden die Lebensgeschichte der Eva Duarte, die in ärmlichen Verhältnissen in der argentinischen Provinz aufwächst, in Buenos Aires den späteren Präsidenten Juan Perón heiratet und noch heute als Evita weltberühmt ist. Eine spannende Thematik, musikalische Vielfalt und viele Titel, die zu den Klassikern der Musicalgeschichte gehören - wieder hat man sich auf den Fildern viel vorgenommen.
„Evita“: Meet the Cast
Vor allem bei den Darstellerinnen und Darstellern steigt nun auch die Nervosität: Bald geht's auf die Bühne! Nur noch wenige Tage, bis das monatelang Einstudierte endlich dem Publikum präsentiert werden kann. Private Termine müssen zurückstehen, Urlaub wird eingereicht und womöglich sogar mal die Schule geschwänzt. Denn das Besondere am TudK ist, dass alle dort ehrenamtlich engagiert sind. Ob auf, hinter oder unter der Bühne im Orchestergraben - alle Beteiligten arbeiten in den unterschiedlichsten Berufen oder gehen noch zur Schule, sind also keine hauptberuflichen Musicaldarsteller.
Auch Chefdirigent Peter Pfeiffer, der seit 2002 am TudK aktiv ist und 2016 die Orchesterleitung von Sylvio Zondler übernommen hat, verbringt unter den Kuppeln seine Freizeit. Als Mathe- und Musiklehrer hat er auch beruflich mit Noten zu tun und dirigiert auch andere Orchester. Aber im Sommer liegt der Fokus auf der Musicalaufführung in Stetten.
Im TudK kommt nichts vom Band. Im Orchestergraben sitzen 15 Musikerinnen und Musiker, die jedes Jahr einen großen Anteil am besonderen Flair der Open-Air-Aufführungen auf den Fildern haben.
Viel Zeit für andere Hobbys hat eigentlich niemand, der aktiv am TudK mitmacht. Im Sommer 2022 haben wir die „Artus“-Cast gefragt, wie man die zeitaufwändigen Aktivitäten im Theater mit Beruf, Schule oder Studium, Familie und anderen Verpflichtungen in Einklang bringen und dabei noch solche Leistungen - das Niveau ist so hoch, dass man kaum noch von „Amateurtheater“ sprechen mag - abrufen kann: BITTE HIER ENTLANG!
Viele aus der „Artus“-Cast trifft man heuer bei „Evita“ wieder, auch Linda Dambacher, die 2022 als Guinevere ihrem Artus zur Seite stand. Wie man als Nicht-Profi so gut werden kann, bringt sie auf den Punkt: „Üben, üben, üben“.
Die Titelrolle der Evita wird für Linda Dambacher eine große Herausforderung, ebenso wie für Miriam Hernandez, die nach der Babypause jetzt wieder dabei ist.
KURZINTERVIEW mit Miriam Hernandez (Rolle: Evita)
Seit wie vielen Jahren bist Du im TudK aktiv?
Ich bin im Herbst 2018 ans TudK gekommen. Im nächsten Projekt war ich dann als Sandra Bloom in „Big Fish“ zu sehen. Davor habe ich bei der Musical Academy Tübingen mitgewirkt. Ich singe schon seit ich denken kann, angefangen in der Kinderkantorei mit sechs Jahren. Gesangsunterricht nehme ich mit Unterbrechungen seit ich 12 bin. Im TudK wirke ich außerdem im PR-Team mit und schreibe Artikel für die Homepage.
Was war Dein bisher schönster Bühnenmoment?
Da ich bei „Big Fish“ zum ersten Mal auf so einer großen Freilichtbühne stand, bleibt dieses Musical für mich immer etwas ganz Besonderes. Ein sehr magischer Moment war für mich die Schlussszene des ersten Aktes: Für das Schlussbild wandelte sich die komplette Bühne in ein Meer von Narzissen, was wirklich beeindruckend war! (Hier entlang zur Fotogalerie von „Big Fish“)
Als Nicht-Berufsdarstellerin auf der Bühne Leistung abzurufen, ist sicher mit viel Zeitaufwand verbunden. Wie schafft man das alles?
Ich hatte durch Corona und Elternzeit eine größere Spielpause und musste erst wieder in das Singen und Spielen reinfinden. Da „Evita“ durchkomponiert ist, konnte ich mir die Texte durch die Musik gut einprägen. Das finde ich persönlich leichter als reine Sprechtexte. Geholfen hat mir der regelmäßige Gesangsunterricht und das Üben bei alltäglichen Aufgaben oder beim Spazierengehen mit dem Kinderwagen. Wenn mein Sohn beispielsweise bei der Samba-Nummer „Buenos Aires“ mitklatscht und mittanzt, macht das Üben doppelt Spaß.
Evita ist für mich die größte und herausforderndste Rolle, die ich bisher gespielt habe. Deshalb beschäftige ich mich seit längerem intensiv mit ihrer Biographie, um ihre Person bestmöglich zu verkörpern. Etwas Lampenfieber ist immer mit dabei, hilft jedoch für die Energie auf der Bühne. Nichtsdestotrotz ist das Hobby sehr zeitaufwändig, gerade am Ende der Probenphase. Da verbringt man fast jeden Abend am Theater. Die Leidenschaft und der Spaß an der Sache überwiegt aber und deshalb nimmt man diese intensive Zeit gerne in Kauf. Ohne die großartige Unterstützung meines Partners, der sich in der Zeit um unseren Sohn kümmert, könnte ich an diesem Projekt nicht teilnehmen. Auch die Oma übernimmt immer gerne. Dafür bin ich sehr dankbar!
Theaterspielen/Musical/Singen ist „nur“ ein Hobby für Dich. Was machst Du außerdem?
Beruflich bin ich im Eventmanagement einer gemeinnützigen Organisation tätig. In meiner Freizeit verbringe ich viel Zeit mit meiner Familie, treffe mich gerne mit Freunden und reise sehr gerne. Wann immer es geht nehme ich auch an anderen Musikprojekten teil, wie z.B. letztes Jahr bei der Jungen Bühne Sindelfingen und deren „This is Musical“-Gala.
Am Theater unter den Kuppeln gibt es traditionell immer zwei gleichwertige Besetzungen der tragenden Rollen.
Seit vielen Jahren aktiv im Theater dabei sind David Kovacs und Colin Weitmann. Bei „Evita“ kommentieren sie als Che das Geschehen mit mehr als nur einem Hauch Zynismus. Ein Urgestein am TudK ist Alexander Koch, der ebenso wie 2022-er Neuzugang Christopher Stengele als Juan Perón auf der Bühne stehen wird. Alle vier haben sich letztes Jahr ausführlich vorgestellt. BITTE HIER ENTLANG!
Tangosänger Agustìn Magaldi ist im Musical „Evita“ der erste Liebhaber der jungen Eva Duarte. Mit ihm macht sie sich schließlich auf in die Hauptstadt, Buenos Aires. Wenn auf den Fildern sternenklare Sommernächte für hoffentlich regenfreie Shows sorgen, darf man sich besonders auf einen der bekanntesten Titel aus dem Musical freuen: „Diese Nacht ist so sternenklar“, singt Agustìn Magaldi, dargestellt von Nikolas Rotschedl bzw. Jonas Meier.
KURZINTERVIEW mit Nikolas Rotschedl (Rolle: Agustín Magaldi)
Seit wie vielen Jahren bist Du im TudK aktiv?
„Evita“ ist jetzt nach „Artus“ 2022 meine zweite Produktion am TudK. Meine erste Berührung mit der Musicalthematik hatte ich schon sehr früh. Im Grundschulalter habe ich die Originalproduktion von „Disneys Die Schöne und das Biest“ in Stuttgart gesehen, danach war es um mich geschehen. Seitdem höre ich täglich fast ausschließlich nur noch Musicals. Im Tudk engagiere ich mich außerdem noch ziemlich intensiv beim Kostüme nähen.
Was war Dein bisher schönster Bühnenmoment?
Mein schönster Moment auf der Bühne war 2019. Damals habe ich zum ersten Mal in einem Musical mitgewirkt, bei der Open-Air-Produktion von „The Wedding Singer“ der Kelternspiele Metzingen. Ich habe George gespielt, einen der drei Hochzeitssänger. Der Moment beim Schlussapplaus, wenn man rauskommt, sich verbeugt und weiß, dass es eine gelungene Premierenvorstellung war - unbeschreiblich. Ich war eigentlich total k.o nach der intensiven Probenzeit und komplett nassgeschwitzt (es war einer der heißesten Tage 2019) aber überglücklich, dass alles so wunderbar geklappt hat.
Als Nicht-Berufsdarsteller auf der Bühne Leistung abzurufen, ist sicher mit viel Zeitaufwand verbunden. Wie schafft man das alles?
Die Leistung aller Beteiligten, egal, ob auf oder hinter der Bühne, ist wirklich erstaunlich. Viele bringen sich zusätzlich zu den Proben noch über das normale Maß in anderen Bereichen ein. Aber davon lebt unser Theater. Wir sind alle Schüler, Studies, Berufstätige, Rentner, Mamas, Papas und machen das alles noch zusätzlich zum privaten Leben. In der heißen Probenphase und an den Wochenenden vor der Premiere verbringen wir mehr Zeit im Theater als bei der Arbeit und zu Hause. Ich gestalte meine sonstige Freizeit und andere Termine um meine Theaterzeit herum. Das hört sich jetzt bestimmt stressig an, aber mit der entsprechenden Planung geht das ganz gut. Nur im Sommer heißt es dann bei Freunden und Familie: Wer mich sehen möchte, muss in die Vorstellung kommen. Ich war bisher immer nur bei den Sommermusicals dabei. Da die ersten musikalischen Proben aber bereits im November beginnen und wir dann bis Mitte August spielen, bin ich fast ganzjährig im Theaterbetrieb. Zudem haben wir noch bestimmte Dienste, die wir für den Verein leisten, zusätzlich zum Üben und Lernen der Rollen. Texte merken fällt mir eigentlich ganz leicht. Für „Evita“ musste ich keine Texte mehr lernen, weil ich das ganze Musical im Schlaf mitsingen kann ;).
Theaterspielen/Musical/Singen ist „nur“ ein Hobby für Dich. Was machst Du außerdem?
Ich arbeite Vollzeit als Haushälter in einem sehr gehobenen Privathaushalt. Das hat gar nichts mit Musik, Theater oder Musicals zu tun. Ansonsten beschäftige ich mich aber ziemlich intensiv mit der Materie Musical und schaue mir sehr gerne Musical- und Theateraufführungen an, durchschnittlich bestimmt zwei in der Woche. Zudem treffe ich mich gerne mit Freunden, gehe sehr gerne essen oder zum Karaoke, und verbringe in den wärmeren Monaten viel Zeit in meinem Garten.
KURZINTERVIEW mit Jonas Meier (Rolle: Agustín Magaldi)
Seit wie vielen Jahren bist Du im TudK aktiv?
Dies ist mein erstes Jahr im Tudk, aber ich habe schon mit 7 Jahren bei den Stuttgarter Hymnus-Chorknaben mit dem Singen angefangen. Seitdem war ich in unterschiedlichen Chören und Musicals dabei, z.B. als Audrey II in „Der kleine Horrorladen“.
Was war Dein bisher schönster Bühnenmoment?
Na, der kommt hoffentlich 2023 ; - wie gesagt, im TudK stehe ich jetzt das erste Mal auf der Bühne.
Als Nicht-Berufsdarsteller auf der Bühne Leistung abzurufen, ist sicher mit viel Zeitaufwand verbunden. Wie schafft man das alles?
Der Aufwand für eine solche Produktion ist natürlich enorm und lässt sich nur mit entsprechender Hingabe und auch ein bisschen Leidenswillen umsetzen. Aber da man sich ja einer echten Leidenschaft widmet, kann man das natürlich auch verschmerzen. Trotzdem ist die Unterstützung von Familie und Freunden sehr hilfreich und es ist schön, wenn das Umfeld Verständnis dafür hat, dass man während der letzten Probenphase und dem Aufführungszeitraum deutlich weniger Zeit miteinander verbringen kann als sonst.
Theaterspielen/Musical/Singen ist „nur“ ein Hobby für Dich. Was machst Du außerdem?
Ich bin Realschullehrer und unterrichte die Fächer Sport, Biologie und Physik. Da liegt es natürlich nahe, dass ich auch in meiner verbleibenden Freizeit generell gerne Sport treibe. Ich mag vor allem das Mountainbiken.
Neben den genannten sind noch folgende Darstellerinnen und Darsteller bei „Evita“ dabei:
Amelie Brückner und Theresa Weiß als Juan Peróns Geliebte / Clara Jeutter, Sarah Schönfeldt, Alexandra Straub und Chiara Verrone als Kinder / Frank Hauser und Sascha Zulott als Oberoffiziere / Karin Jeutter und Irmgard Kühnle-Lange als Oberaristokratin / Arnim Schnellbächer und Thomas Thibaut als Evas Friseur / Kai Engler und Günter Rottler als Geheimpolizist / Markus Unold und Dieter Wolf als Admiral und viele weitere Mitwirkende. Insgesamt werden wieder ca. 60 Personen die Bühne mit Leben füllen und viele weitere Helfer dafür sorgen, dass es den Gästen an nichts fehlt.
Das TudK - auch 2023 wieder einen Besuch wert
Die beiden Premieren - je eine für jede Besetzung - des Musicals „Evita“ werden am 16. und 17. Juni 2023 gefeiert, weitere Vorstellungen finden wie folgt statt:
23. / 24. / 30. Juni
1. / 7. / 8. / 14. / 15. / 21. / 28. / 29. Juli
4. / 5. / 11. / 12. August
Karten gibt es direkt auf der Webseite des Theaters unter den Kuppeln e.V.
Unsere bisherigen Inhalte zu den Produktionen des TudK hier auf einen Blick:
„Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat“, 2012:
Lohnenswert - Rezension
„Anatevka“, 2014:
Ambitioniert - Rezension
„The Addams Family“, 2016:
Morbider Charme - Rezension
„The Pirate Queen“, 2017:
Fotogalerie des PR-Auftritts auf der CMT Stuttgart
Auf ins Gefecht - Rezension
Fotogalerie - das Stück in Bild und Wort
„Big Fish“, 2019:
Tag der Offenen Tür: Erste Eindrücke vom Musical
Fotos von der Premierenfeier
Ganz einfach großartig - Rezension
Fotogalerie - das Stück in Bild und Wort - 1. Akt
Fotogalerie - das Stück in Bild und Wort - 2. Akt
„Artus - Excalibur“, 2022:
Rollen und Castvorstellung
Rezension: Für Britannien!
„Evita“, 2023:
Probenfotos
Rezension - folgt!
Text: Sylke Wohlschiess
Fotos: Alexander Koch für TudK e.V.
Interviews: „Evita“-Cast und MusicalSpot.de