Interview mit Martin Lingnau:
„Musik addiert, was man nicht sieht.“
28.07.2017 - Komponist Martin Lingnau - Interview zu Werdegang und seinen Musicals „Heiße Ecke“, „Der Schuh des Manitu“ und „Das Wunder von Bern“ u.a.
Martin Lingnau zählt zu den gefragtesten und vielseitigsten Komponisten Deutschlands. Er schreibt Popsongs und Filmmelodien, Instrumentalmusik und - natürlich - Musicals. Aus seiner Feder stammen so unterschiedliche Stücke wie „Heiße Ecke“, „Der Schuh des Manitu“ und „Das Wunder von Bern“. Seine Entscheidung für die Musik traf Martin Lingnau schon im zarten Alter von sieben Jahren. 19 komponierte Musicals und 40 veröffentlichte Tonträger später weiß er von den Anfängen am heimischen Klavier bis hin zum aktuellen Projekt „Goethe! Auf Liebe und Tod“ viel Spannendes zu berichten.
Mit Blick auf einen sehr berühmten Vorfahren könnte man statt Noten auch Buchstaben als Basis Ihres Schaffens vermuten.
Ich bin tatsächlich ein Nachfahre von Hoffmann von Fallersleben. Das ist natürlich eine Weile her, er ist ja schon etwas älter (lacht). Für mich ist er der allererste deutsche Singer/Songwriter. Er hatte nämlich nicht nur mit Buchstaben, sondern auch mit Noten zu tun. Von vielen Liedern erdachte er Text und Melodie, viele sind ins Allgemeingut übergegangen. Man fragt sich gar nicht mehr, wer „Alle Vögel sind schon da“ oder „Ein Männlein steht im Walde“ geschrieben hat, man kennt es einfach. Das finde ich schon faszinierend.
Liegt Ihre Begabung also doch ein bisschen in den Genen?
Ich bin der einzige in unserer Familie, der einen kreativen Beruf ausübt, insofern betrachte ich das eher als schönen Zufall. Die Ahnenlinie ist aber durchaus Thema bei uns: Im Wohnzimmer meiner Oma hing ein Gemälde von einem Sohn Hoffmann von Fallerslebens, unter seinem Klavier, das heute im Hoffmann von Fallersleben-Museum in Wolfsburg steht, hat meine Mutter als Baby noch gespielt.
Immerhin hat Ihr aktuelles Projekt einen großen deutschen Dichter zum Thema.
„Goethe! Auf Liebe und Tod“, genau. Es geht um Goethes Jugendjahre, seine unglückliche Liebe zu Charlotte Buff, die bereits vergeben ist, als er sie kennenlernt. Die Idee hatten Michael Hildebrandt, der damals verantwortlich für die Entwicklung neuer Stücke bei Stage Entertainment war, und ich schon während der ersten Schreibphase für „Das Wunder von Bern“. Wir suchten nach originären, spannenden deutschen Stoffen, nach Geschichten, die aus uns kommen und nicht einfach über den großen Teich importiert und geklont abgestellt werden. Der Film basiert auf Philipp Stölzls Film „Goethe!“, wir gehen mit dem Stoff aber recht frei um. Der Plot ist gleich, die Erzählweise neu...
...und das Kreativteam schon bestens bewährt.
Es war wirklich angenehm, dass Gil Mehmert, der wieder für das Buch und die Regie verantwortlich zeichnet, unser Songtexter Frank Ramond und ich uns nicht erst großartig zusammenfinden mussten, sondern uns schon seit der gemeinsamen Arbeit für „Das Wunder von Bern“ kennen. Ich freue mich, dass wir unser neues Musical als Tryout-Produktion mit den Musicalstudenten der Essener Folkwang-Universität aufführen können. Als prominente Unterstützung sind Sabrina Weckerlin und Philipp Büttner dabei, die an ausgewählten Terminen Lotte bzw. Goethe spielen.
Warum hat man sich für eine Tryout-Produktion entschieden?
Für uns Kreative ist es immer gut zu sehen, wie und wann das Publikum worauf reagiert, um dann das Stück weiter zu entwickeln. „Goethe! Auf Liebe und Tod“ ist mein erstes durchkomponiertes Musical. Dies schien mir die einzig mögliche Form für ein Musical über Goethe zu sein. Die Musik ist sehr modern, mit großen orchestralen Einflüssen. Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht, an einem Stoff zu arbeiten, bei dem ich die Musik so richtig mit losgelassener Handbremse fließen lassen konnte.
Martin Lingnau: „Es begann mit einem Zimmer voller Musikinstrumente.“
Lassen Sie uns vom Aktuellen zurück zu den Anfängen gehen: Wann haben Sie gemerkt, dass Sie sich musikalisch ausdrücken können und möchten?
Ich war sieben Jahre alt, als meine Eltern mich gefragt haben, ob ich einen Fußball oder ein Klavier haben möchte. Ich wollte ein Klavier. Ich bekam eins und habe fortan ständig darauf „rumgehauen“. Im Üben war ich ziemlich schlecht, ich wollte immer schon viel lieber meine eigenen Sachen spielen. Je nachdem, was ich so vor mich hin gespielt habe, erkannten meine Eltern damals sofort, in welcher Stimmung ich gerade war. Lange bevor ich solche Dinge in Worte fassen konnte, habe ich mich intuitiv durch Musik ausgedrückt und sehr früh angefangen, eigene Töne zu finden. Ich habe einfach etwas gespielt, mir gemerkt – und dann wahrscheinlich wieder vergessen. Noten konnte ich noch nicht, es gibt also keine Aufzeichnungen. Ich dachte mir einfach am nächsten Tag wieder etwas Neues aus. Später habe ich natürlich auch Noten gelernt und wurde irgendwann ein ganz guter Pianist, der Beethoven-Klavierkonzerte und „Rhapsody in Blue“ spielen konnte. Davon kann ich heute nur noch träumen.
Spielen Sie noch selbst bei öffentlichen Auftritten?
Im Moment trete ich nicht mehr auf. Es fehlt mir schon ein bisschen, selbst Teil des Bühnengeschehens zu sein. Eine Zeit lang war ich als Pianist bei kleinen Gigs von Udo Lindenberg dabei und habe ihn bei seiner CD „Atlantic Affairs“ musikalisch beraten. Mit ihm nachts um die Alster zu ziehen, das hatte schon was (grinst). Irgendwann musste ich mich aber entscheiden, denn der Tag hat nur 24 Stunden. Ein guter Pianist muss täglich üben. Wenn man das irgendwann nicht mehr leisten kann...
... wird man Komponist?
(lacht) So ungefähr. Aber im Ernst: Ich wollte von frühester Kindheit an immer am liebsten eigene Musik erschaffen. Es begann mit einem Zimmer voller
Musikinstrumente: ein riesengroßes Schlagzeug, Saxofon, Klarinette, Akkordeon, ein ganzer Haufen Keyboards. Unten stand das Klavier. Mein Berufswunsch ist also ganz organisch entstanden. Aber eigentlich wollte ich ja Tatort-Komponist werden. Nicht Filmmusik-, Fernseh- oder Musicalkomponist, sondern Tatort. Nur Tatort. Nichts anderes. Das war, was ich machen wollte.
Und?
Bis heute habe ich noch für keinen einzigen Tatort komponiert. Aber so ein paar andere Sachen sind inzwischen ja doch zusammengekommen (lacht).
Wie sind Sie die Ausbildung konkret angegangen?
Ich hatte von Anfang an Unterricht bei Dozenten verschiedener Universitäten. Dafür habe ich weite Wege in Kauf genommen, bin von Wilhelmshaven nach Oldenburg oder Hamburg und nach der Stunde wieder zurück gefahren. Für diese unglaublich teuren Einzelstunden habe ich tagsüber im Musikladen gejobbt. Vormittags Schule, nachmittags im Laden, abends im Theater, meine Tage waren relativ voll, zu Hause war ich nur selten. So bin ich ohne Hochschulstudium in den Beruf hineingerutscht. Noch während der Schulzeit habe ich am Theater Wilhelmshaven gearbeitet, kleinere Kompositionen und für ein Theaterprojekt ein ganzes Musical geschrieben, war Musikalischer Leiter an der Niederdeutschen Bühne und der Landesbühne Niedersachsen-Nord.
Später habe ich den Kontaktstudiengang für Popularmusik an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg absolviert. Ansonsten habe ich mir projektbezogen das nötige Wissen angeeignet. Stand etwas über Offenbach an, habe ich so viel über Offenbach gelernt, dass ich diesen Teil des Kuchens kannte. Für ein Brecht-Projekt habe ich mich mit diesem Künstler auseinandergesetzt. Mit den ganzen Klassikern kam ich durchs Klavier in Berührung, ich habe in Jazzclubs und Popbands gespielt. So hat sich im Lauf der Jahre eine Art Allroundwissen angesammelt.
Sie haben auch Meisterklassen belegt, die im ersten Moment eher erstaunen, zum Beispiel bei Textdichter Michael Kunze oder Regisseur James Lapine.
Die Architektur von Stücken ist ebenso wichtig, wie die Musik. Bei diesen Kursen konnte ich mir Wissen aneignen, das für meine konzeptionelle Arbeit sehr wertvoll ist. Ich komponiere ja nicht ausschließlich, sondern suche auch Themen und denke mir Geschichten aus, die ich dann zusammen mit einem Texter entwerfe.
Ein Beispiel ist die „Heiße Ecke“, die sich zum Dauerbrenner entwickelt hat und seit 2003 im Schmidt-Theater auf der Reeperbahn gespielt wird. Ich war damals Fan der Fernsehserie „24“. Die „Heiße Ecke“ hat inhaltlich nun wirklich gar nichts damit zu tun, aber eine Serie, die in Echtzeit abläuft, fand ich einfach irre. Eines Tages stand ich an diesem Imbiss und mir kam plötzlich der Gedanke, was wohl innerhalb von 24 Stunden im Leben einer Imbissbude so alles abgeht. Ein Imbiss als Hauptfigur? Das ist so eine bescheuerte Idee, daraus könnte man echt was machen. Zusammen mit Thomas Matschoß und Heiko Wohlgemuth habe ich das Gerüst für dieses Musical entwickelt, in dem neun Darsteller über 50 Rollen spielen.
Auf die Idee zu „Cindy Reller“ kam ich, als ich so darüber sinnierte, dass es zwar Compilation-Musicals wie „Ich war noch niemals in New York“ gibt, aber kein Stück mit eigens komponierten Schlagern. Was könnte sich eignen? Die Aschenputtel-Geschichte, übertragen in die moderne Welt. Da hatte ich dann schon die Konzeption und den Namen.
Welche angeborenen Fähigkeiten braucht man als Komponist?
Große Leidensfähigkeit (lacht), weil man sein musikalisches Ego immer dem Gesamtprojekt unterordnet. Wenn man Musik nur um der Musik willen schreibt, braucht man nur Talent und Wissen.
Was ist wichtiger?
Wissen ist immer gut, aber diesen einen Funken kann man nicht lernen, der muss einfach existieren. Man kann es auch Inspiration nennen, es muss gar nicht Talent oder gar Genie sein. Es heißt, 10% Inspiration, 90% Transpiration. Das ist wohl auch richtig. Wenn man als Komponist Teil einer Geschichte ist, muss man ein guter Teamworker sein und sich als Teil des Ganzen verstehen. Man dient einzig und allein der Geschichte. Dazu gehört auch die Bereitschaft, Dinge wegzugeben. Für „Das Wunder von Bern“ habe ich um die 90 Songs geschrieben, 25 sind drin geblieben. Das ist ein völlig normaler Vorgang: Ein Musical wird nicht geschrieben, es wird umgeschrieben.
Woran liegt das?
Ein Musical ist ein komplexes Werk. Oft sieht man erst, wenn man die einzelnen Szenen und Lieder zusammenfügt, was gut funktioniert und was nicht. Wenn ein Song zu viel vom anderen hat, schlagen sie sich gegenseitig tot. Setzt man dann etwas anderes an diese Stelle, wirkt unter Umständen alles gleich ganz anders. Man tauscht die einzelnen Mosaiksteine solange aus, bis die musikalische Dramaturgie schlüssig ist. Oder aber die Dramaturgie passt, der einzelne Bestandteil ist aber einfach nicht gut gelungen. Das können einzelne Passagen eines Liedes oder ein ganzer Song sein. Mal braucht der Refrain noch eine Steigerung, mal fehlt ein Instrumentalpart. Ich kenne keinen Autoren, der jemals mit seiner Arbeit fertig geworden ist. Das ist auch der Grund, warum in einem Musical nach einem Ortswechsel oft neue Songs zu hören sind. Für mich ist das eine willkommene Gelegenheit, Stellen, mit denen ich nicht zufrieden war, zu optimieren.
Wer entscheidet über diese Veränderungen?
Alle zusammen: der Komponist, der Autor, der Produzent und der Regisseur. Mal ist es so, dass ich ein Lied herausnehmen möchte, das aber allen anderen gefällt, mal ist es umgekehrt. Wenn drei Leute das Gefühl haben, dass etwas nicht stimmt, dann ist das auch so und man muss noch einmal rangehen. Es darf nur ein einziges Ego im Raum geben: das Musical. Deshalb versuche immer, nicht für mich, sondern für das Stück zu komponieren.
Ist Teamwork bei einzelnen Popsongs ebenso wichtig?
Ich habe gerade ein paar Songs für Annett Louisan geschrieben. Vor allem muss sie die Lieder mögen. Dann gibt es auch immer noch den Texter, in diesem Fall Frank Ramond. Ich kann nicht einfach sagen „Hier, das ist meine Melodie. Friss oder stirb“. Das will ich auch gar nicht. Teamwork ist inspirierend, man treibt sich gegenseitig zu höchsten Höhen an. Man kann Musik nur für sich alleine machen, das geht, wenn du alles machst. Dann bist du Mike Oldfield (grinst). Es sagt sich so einfach und ist so schwer: offen sein und bleiben, sich nicht in die eigene Arbeit verlieben, Distanz wahren und bereit sein, loszulassen.
Freude, Leidenschaft und Beruf
Was bedeutet Ihnen das Komponieren?
Komponieren ist für mich unheimlich viel Freude, Leidenschaft, ein großes Hobby und natürlich auch mein Beruf. Es gibt nicht viele Arbeitsplätze für Komponisten in Deutschland. Dass ich meinen Lebensunterhalt mit meiner größten Leidenschaft verdienen darf, bedeutet mir unendlich viel, fast noch mehr als das Komponieren selbst. Es ist ein großes Privileg und deshalb versuche ich auch, immer das Bestmögliche aus mir herauszuholen.
Komponieren Sie auch ohne konkreten Auftrag?
Wenn ich die Zeit dazu hätte, würde ich das wahrscheinlich tun. Aber ich habe immer ein bisschen mehr zu tun als das, was ich schaffen kann. Es gibt immer so viele aktuelle unterschiedliche Projekte, die mit Musik versorgt werden wollen, dass ich dazu nicht mehr komme.
Verraten Sie uns ein Projekt außerhalb des Musicalbereichs, das für Sie etwas ganz Besonderes war?
Die beiden Instrumentalstücke „Sailaway“ und „Leinen los“ als Auslaufmusik für die AIDA-Schiffe zu komponieren, war richtig schön. Die Flotte besteht aus elf Schiffen, auf denen insgesamt fast 22.000 Passagiere Platz finden, die jedes Mal die Musik hören, wenn das Schiff den Hafen verlässt. Viele verbinden sehr persönliche Erinnerungen mit den Reisen und dadurch auch mit meiner Musik. Dass ich die Gelegenheit bekommen habe, an diesem wunderbaren Projekt zu arbeiten, macht mich glücklich. Über den immensen Erfolg in den internationalen Instrumental-Charts habe ich mich natürlich auch total gefreut. Noch ein bemerkenswertes Projekt war die Musikalische Supervision der BMW-Jubiläumsgala im September 2016 im Münchner Olympiastadion.
Welche Aufgaben haben Sie dort übernommen?
Als Musikalischer Supervisor unterstützt man bei solchen Großevents die Regisseure und Produzenten bei der Gesamtkonzeption. Ich habe beispielsweise an der Auswahl der Künstler und der Strukturierung der einzelnen Sets mitgewirkt. Es ist gar nicht so einfach, den großen Stars beizubringen, dass sie ihre Hits spielen sollen, denn die möchten viel lieber neue Songs präsentieren. Aber letztlich findet sich dann doch immer alles zusammen. Ich habe auch einige Kompositionen für die Eröffnung beigesteuert, war aber hauptsächlich kreativer Berater. Die Generalprobe war toll. Man erlebt nicht alle Tage, wie selbstironisch und pointenreich Thomas Gottschalk in einem vollständig leeren Olympiastadion zwei Stunden lang die eigene Parodie auf seine am nächsten Tag folgende Moderation improvisiert.
Wie kommt man an solche Aufträge?
Man wird angerufen.
Das heißt, Sie müssen nicht selbst aktiv werden?
Bis jetzt habe ich in meinem Leben noch keinen einzigen Auftrag akquiriert, sondern hatte ich immer das Glück, dass die Aufträge zu mir kamen. Im Tivoli und im Schmidt Theater Hamburg bin ich ja fester Hauskomponist, schon seit über 20 Jahren. Ich biete dem Theater immer wieder neue Ideen an. Alles wird natürlich nicht realisiert, sondern wir wählen gemeinsam aus. Und selbstverständlich kommen auch von anderen Kollegen viele Vorschläge, die wir umsetzen.
Gibt es je nach Genre grundlegende Unterschiede beim Komponieren?
Hauptsächlich versuche ich, Melodien zu schreiben, die nah am Ohr sind, also beim ersten Mal funktionieren. Schon als Kind habe ich es geliebt, Geschichten mit Musik zu erzählen. Ohne es zu wissen, bin ich so - aus Liebe zum Genre - zufällig mit der Königsdisziplin eingestiegen. Alle anderen, die ich kenne, haben mit Drei-Minuten-Songs angefangen. Für mich sind das Polaroids, die eine Situation beschreiben. „Hinter’m Horizont geht’s weiter“. Das steht da und verändert sich nicht. Das meine ich überhaupt nicht wertend, im Gegenteil. Hut ab! - solche Songs muss man erst einmal schreiben können. Ich musste genrebedingt beim Schreiben einfach nur schon sehr früh viele Parameter beachten: Wer singt wann warum wie welches Lied? Wenn ich diese vielen Ws mal außer Acht lassen und einfach nur einen Song schreiben kann, ist das für mich fast wie Urlaub. Wie zum Beispiel... (schnappt sich den Salzstreuer, der auf dem Tisch steht) ein Lied über Salz und Pfeffer. Es braucht kein Konzept, du musst nichts bedenken, sondern einfach nur ein lustiges Lied über Salz und Pfeffer schreiben. Im Musical geht es dagegen immer darum, Entscheidungen zu treffen. Wo platzieren wir eine Szene, an welcher Stelle brauchen wir einen Song, wo ist Score, also Filmmusik, nötig.
Nach welchen Kriterien treffen Sie diese Entscheidungen?
Für mich hat der Song immer Priorität. Ich überlege, wo die besten Songs sitzen. Nehmen wir zum Beispiel bei „Das Wunder von Bern“ die Szene im Bergwerk. Durch den Lärm der Presslufthämmer wähnt sich der Vater wieder im Krieg. Wäre das ein guter Song? „Oh, oh, ich glaub‘, ich erinner‘ mich“. (singt). Nein. Das wäre kein guter Song. Man erkennt schnell, dass eine Szene viel besser passt. Also habe ich für diese Stelle Filmmusik komponiert, die gar nicht für sich im Kopf bleiben muss, sondern die Stimmung verstärkt. Die Entscheidungsfindung ist ein Prozess, der auch sehr überraschend verlaufen kann. Am Endspiel haben wir unglaublich lange gearbeitet, aber die vokale Stelle, die sich kurz vor dem Ende aufbaut, habe ich erst einen Tag vor der Preview geschrieben, vorher war alles rein instrumental. Die Idee stammt von Joop van den Ende. Er kam auf mich zu und fragte, ob das nicht „eigentlich ein Musical“ sei. Ja, eigentlich schon. „Wieso singt dann am Ende keiner? Kann man da nichts machen?“ Ich wusste immer nicht so richtig, wo ein gesungener Part passen könnte, aber er sagte, dass ganz am Schluss, als alle zusammenhalten müssen, auch alle singen könnten. Das war ein super Einfall von ihm.
Die Szene war extrem aufwendig und für mich neben dem Komponieren auch viel konzeptionelle Arbeit. Wir haben in Berlin die Probenhalle von Rammstein gemietet, weil nur die hoch genug für die riesige Leinwand war. Wir mussten Sekunde für Sekunde entwerfen und genau überlegen: Welche Momente aus der Reportage eignen sich für Bewegungen? Was kann man rauschneiden? Wie naturalistisch gehen wir mit dem Text um? Wo kann man die Worte der Originalreportage in die Musik einfügen? Für mich war die Endspiel-Sequenz ein Gesamtkunstwerk und ich habe überhaupt nicht mehr daran gedacht, dass ja vielleicht auch jemand singen könnte. Joop van den Endes Frage kam also genau richtig (grinst). Wichtig ist immer wieder, dass man sich selbst zurücknimmt, sich genau anschaut, was passiert und wie man durch die Musik das addieren kann, was man nicht sieht. Wenn eine Frau traurig weint, muss ich nicht auch noch traurig Klavier spielen.
Sondern?
Ich versuche eher zu überlegen, warum sie wohl weint. Eigentlich ist sie ja verliebt. Wenn ich also etwas Schönes darunterlege und sehe die Frau dann weinen, verstärkt das die Atmosphäre und ich weine noch viel mehr.
Wie gelingt es, Lieder zu schreiben, wenn man selbst in dem Moment ganz anderer Stimmung ist?
Das muss ich hinkriegen. Ich kann ja nicht meine Frau verlassen, um in der Lage zu sein, ein trauriges Lied zu schreiben. Man muss sich in die Atmosphäre hineinfühlen und zugleich eine gewisse Distanz wahren. Im Popbereich gibt es den direkten persönlichen Bezug weit häufiger, aber natürlich hat auch bei mir alle Kreativität, die aus mir kommt, auch etwas mit mir selbst zu tun. Musik, die man von mir hört, ist auch immer von mir gefühlt. Ich kann aus dem Stand alle möglichen Atmosphären mit einem Instrument hörbar machen, dafür muss ich aber nicht an bestimmte Erinnerungen zurückdenken. Es ist eher so, dass sich meine Stimmung durch das Musizieren ändert. Wenn ich fröhlich bin und ein trauriges Lied schreibe, kann es schon sein, dass ich danach nicht mehr ganz so gut drauf bin. Und wenn an einem Melo-Tag superfröhliche Musik auf dem Programm steht, dann putscht das durchaus auch mal auf.
Wie würden Sie Ihren Kompositionsstil beschreiben?
Ich mache eine sehr emotionale und auch eine sehr greifbare Musik. Ein Theaterkollege hat es einmal als „reduced to the maximum“ beschrieben. Für mich war das ein sehr schönes Kompliment. Wenn es irgendwie geht, lasse ich alles Überflüssige weg. Wenn ich nichts mehr streichen kann, dann hab‘ ich’s. Es gibt Komponisten, die schreiben immer noch einen Schnörkel und noch einen super sexy Akkordwechsel. Ich frage mich beim Komponieren immer, ob das Lied dies oder jenes braucht oder ob ich mir nur selber gezeigt habe, was ich für tolle Akkorde ich doch weiß. So überprüfe ich mich selbst.
Besteht dann nicht die Gefahr, dass es eintönig wird?
Nein, denn ich meine ja nicht unoriginell, sondern dass ich mich in den Dienst der Sache stelle. Nehmen wir mal diese Lampe (weist auf die Tischlampe): Braucht die noch blaue Arme links und rechts? Wäre statt des Schalters ein Dimmer besser? Es ist eine altmodische Lampe, ein Schalter ist genug. Auch wenn ich den Dimmer schon gekauft habe, baue ich ihn doch besser wieder ab. Wie viele Farben hat der Lampenschirm? Drei - nicht zehn. Und doch ist die Lampe sehr schön. Im Prinzip funktioniert es für mich beim Komponieren genauso.
Woran merken Sie, ob Ihr Lied zwei Farben zu viel oder zu wenig hat?
Indem ich es mit Abstand noch einmal anhöre.
Aber kann ein anderer das nicht auch ganz anders empfinden?
Ja, kann er. Deshalb gefällt wohl auch nicht jede Musik jedem gleich gut. Ich muss ja nicht immer recht haben. Aber ich muss Entscheidungen treffen und mich fokussieren. Wer kriegt welche Instrumente, wer kriegt welche Musikfarben und wer kriegt sie wann? Wenn ich das ganz klar herausarbeite, schließe ich schon vieles aus. Im „Wunder von Bern“ beispielsweise hat Bruno die energetischste Musik, der Pfarrer klingt viel gesetzter. Das Fagott geht dann eben zum Pfarrer rüber und, falls ich es bei Bruno auch drin hatte, nehme ich es bei ihm raus.
Entscheidet der Komponist, welches Instrument welche Passage spielt?
Ich produziere sehr aussagekräftige Demos, bei denen viele Entscheidungen bereits getroffen sind. Aber natürlich arbeite ich auch mit Arrangeuren zusammen, die genau wissen, was ich mir vorstelle und was der Sache dient. Manchmal entstehen auch zwei oder drei Versionen und wir überlegen im Team, welche am besten ist. Die endgültige Entscheidung treffe ich dann. Es ist jedes Mal eine große Herausforderung. Mir ist wichtig, durch die Klänge die Charaktere zu definieren.
Gilt das für alle Projekte?
Auf jeden Fall. Die musikalische Ausrichtung kann bei jedem Stück variieren, aber die einzelnen Figuren müssen immer sauber durchdekliniert sein. Das gilt für das neue Musical „Goethe! Auf Liebe und Tod“ mit seiner modernen, rockigen Musik ebenso wie für „Cindy Reller“, das musikalisch eine Hommage an die Schlagerwelt darstellt. Für mich gibt es keine U- und E-Musik. Für mich gibt es gute und schlechte Musik. Und die gibt es überall. Außerdem kann sich kaum jemand vorstellen, wie schwer es ist, Schlager zu komponieren. Man hat nur sehr wenige Akkordverbindungen zur Verfügung, um im Genre zu bleiben. Da bieten andere Stilistiken wesentlich mehr Freiraum für den Komponisten, die Begrenzung in Harmonik und möglichen Melodietönen ist eine wirkliche Herausforderung. Vor allem, wenn diese Songs dann wie in einem Musical wichtig und üblich, auch noch die Figuren charakterisieren und die Handlung transportieren müssen. Aber alle denken, so ein Lied ist in einer halben Stunde fertig. Sehr lustig – dann macht mal.
„Cindy Reller“ ist eine neuere Produktion am Schmidts Theater in Hamburg. Sie sagten schon, dass Sie dort als Hauskomponist tätig sind. Wie kam es dazu?
Ein befreundeter Komponist, Rainer Bielfeldt, hatte dort die Musikalische Leitung einer Edith-Piaf-Show. Wir haben schon in Wilhelmshaven zusammen Musiktheater gemacht und so hat er mich gefragt, ob ich nach Hamburg kommen und sein zweiter Musikalischer Leiter sein möchte. Er ging später nach Berlin, ich bin hier geblieben
Viele Musicals, die Sie für das Schmidts geschrieben haben, klingen im ersten Moment ähnlich: St. Pauli-Themen und viel Humor. Bedeutet das denn nicht eine gewisse künstlerische Begrenzung?
Uns ist wichtig, dass wir uns musikalisch, inhaltlich und textlich immer wieder neu erfinden und Eintönigkeit vermeiden. Andererseits haben wir eine Marke kreiert. Eine gewisse Art und Weise wird im Schmidt oder im Tivoli verlangt. Es ist bestimmt so, dass unsere St.Pauli-Musicals alle in dieses Portfolio passen, aber die Stücke sind trotzdem sehr unterschiedlich. „Cindy Reller“ hat eine ganz andere Atmosphäre als die sehr erdigen „Königs vom Kiez“ oder „Swinging St. Pauli“. Auch das Arbeitsumfeld ist hier am Schmidts und am Tivoli etwas Besonderes. Jedes Mal, wenn wir in unserem kleinen Produktionsteam wieder zusammentreffen, fühlt es sich an wie nach Hause kommen. Wir kennen uns seit mehr als 20 Jahren, da entsteht untereinander ein unschätzbares Vertrauensverhältnis.
Wünschen Sie sich nicht manchmal für diese Musicals eine größere Bühne?
Nein, die gehören genau da hin. Diese Stücke brauchen die Nähe zum Publikum, vom zweiten Rang hoch oben würde das Zuschauen gar nicht mehr so viel Spaß machen. Das hat mit der Stilistik zu tun. Das opulente „Phantom der Oper“ lebt weniger von der Nähe zum Publikum, als von der Bilderwelt, es gibt keine Interaktion, die vierte Wand wird nie durchbrochen. Wenn es aber mehr „menschelt“, dann ist es fürs Publikum schön, die Gesichter der Darsteller genau zu sehen. Es gibt Musicals, die sind für kleine Häuser besser als für große und umgekehrt. In New York habe ich „Spring Awakening“ in einem ganz kleinen Theater gesehen. Ich glaube nicht, dass mich dieses Stück oder auch „Little Shop of Horrors“ in einem 2.000-Mann-Laden so erreichen würde. Insofern bin ich froh, dass ich für verschiedene Formate schreiben kann.
In den unterschiedlichen Projekten arbeiten Sie auch immer mit anderen Textern. Wie wichtig ist es für Sie als Komponist, wer die Worte auf Ihre Melodien legt?
Je nachdem, welcher Mensch die Worte verfasst, kommen ganz unterschiedliche Ergebnisse zustande. Die meisten Musicals habe ich mit meinem Freund Heiko Wohlgemuth geschrieben, wir verstehen uns quasi blind. Frank Ramond hat für „Das Wunder von Bern“ und auch wieder für unser neues Stück „Goethe! Auf Liebe und Tod“ sehr schöne, sehr passende Texte geschrieben. Wolfgang Adenbergs Texte für „Doctor Faustus‘ Magical Circus Part II“ sind super. Ursprünglich haben wir das Stück fürs Hamburger Schauspielhaus geschrieben, aber dann ging der Intendant und „Doctor Faustus“ lag in der Schublade. Im September 2016 wurde es in einer Art unplugged version an der Württembergischen Landesbühne in Esslingen uraufgeführt. Ursprünglich war es musikalisch viel größer gedacht, mit opulenten Chorsätzen. Wir werden mit ein paar bekannten Musicalleuten eine CD aufnehmen und arbeiten daran, es auf einer großen Bühne herauszubringen. Das Stück hat viel Potenzial. Für die St. Pauli- Musicals greifen Heikos Texte und meine Melodien so ineinander, dass die theatrale Farbe dieser Stücke in der Ästhetik, in der Leichtigkeit und in der Emotionalität wunderbar funktioniert. Es ist toll, mit so vielen Leuten arbeiten zu können und mit allen sind auch wieder neue Sachen auf dem Weg.
Haben Sie mit Heiko Wohlgemuth nicht auch bei Ihrem ersten Auftrag für die Stage Entertainment gearbeitet?
Richtig, das war 2008 bei „Der Schuh des Manitu“. Christian Struppeck hatte damals „Swinging St. Pauli“ gesehen und uns gefragt, ob wir nicht Lust auf das Projekt hätten. Wir haben drei Songs geschrieben, die wurden an Bully Herbig geschickt; dem haben sie auch gefallen und so waren wir drin. Für „Schuh des Manitu“ habe ich bestimmt 100 Songs geschrieben, es war eine unglaublich aufwendige Arbeit. In der Entwicklungsphase hatten wir drei Regisseure. Zwei, drei Jahre sind für ein Musical dieser Größenordnung normal, aber in diesem Fall war die Zeit bis zur Premiere wirklich extrem lang. „Der Schuh des Manitu“ ist wieder eine ganz andere Musikfarbe. Ich habe sehr emotionale Musik dafür geschaffen, auf die ich ziemlich stolz bin.
Emotional? Aber der „Schuh des Manitu“ ist doch eine Parodie.
Aber wir haben trotzdem ordentlich Emotionen reingehauen. Der Film spielt mit dem Medium Film. Ich dachte, wenn ich beim Musical dieses Genre auch parodieren kann, ist es ein guter Grund, das Stück zu machen. Aber ich wollte, dass das Musical wesentlich emotionaler wird als der Film. Ich hatte ein großes Orchester, es gibt tolle epische Momente, es ist lustig und auch schön. Am Ende haben alle geweint. Der „Schuh“ hört sich mit seiner Karl-May-Westernmusik natürlich ganz anders an, als das „Wunder“. Wer nicht weiß, dass ich beides geschrieben habe, würde nie auf diese Idee kommen. Es unterscheidet sich komplett. Aber beides ist sehr emotional. Wenn Leute singen sollen, braucht es Gefühl. Also muss man in Komödien Gefühle reinbringen.
Beide Musicals basieren auf bekannten Kinofilmen. Besteht nicht die Gefahr, dass die schon existierende Filmmusik Ihre Kompositionen beeinflusst?
Nein. Allerdings musste ich auch irgendwann damit aufhören, die Filme anzuschauen. In der Vorbereitungsphase habe ich beide um die zehn Mal gesehen, aber dann legt man irgendwann den Film zur Seite und macht das Musical. Das ist auch wichtig, denn sonst würde ich meine Musik immer vergleichen. Beim „Schuh“ mussten einige sehr bekannte Filmsongs auch ins Musical; das war sinnvoll, weil diese auch dort das Genre persiflieren. Aber die Figuren entwickeln alle ein so starkes Eigenleben, dass ich an die Filmmusik gar nicht mehr denke. Als Arbeitsunterlagen nutze ich dann nur noch das Buch des Musicals und meine eigenen Notizen.
Was macht Ihnen mehr Spaß: Musical- oder Filmkompositionen?
Die Nähe zum Publikum ist mir sehr wichtig. Dass in einem Musical die Schauspieler und das Orchester genau in dem Moment live etwas erschaffen, ist deshalb für mich etwas ganz Besonderes. Trotzdem bin ich ein absoluter Filmjunkie. Das ist, als müsse man sich zwischen herzhaft und süß entscheiden. Beides ist super. Und beides ist völlig unterschiedlich. Das gilt auch für den zeitlichen Ablauf: Beim Musical bist du der Mann der ersten Stunde und hast so viel Zeit, wie du brauchst. Beim Film ist der Komponist der letzte in der Reihe und bekommt erst in den letzten Wochen vor der endgültigen Fertigstellung den schon geschnittenen Film – sehr spät also.
Da bleibt aber nicht gerade viel Zeit für Ihre Arbeit.
Um diese Schwierigkeit zu umgehen, haben Ingmar Süderkrüb und ich bei der Vertonung von Sönke Wortmanns TV-Serie „Charité“ permanent komponiert und die Musik an den Regisseur geschickt, ohne dass die Themen schon auf die Bilder angepasst waren. Es gab nur die musikalischen Themen für die einzelnen Figuren und auch für die Charité selbst. Diese wurden unter die Probenschnitte gelegt, so konnte man sehen, was funktioniert und was nicht. Im Lauf der Zeit mussten wir nur noch adaptieren. Das geht aber nicht immer. Manchmal muss die Musik auch einfach innerhalb von vier Wochen fertig sein. Dann muss man sich ganz schön ranhalten.
Welche Projekte stehen aktuell an?
Wir arbeiten nach dem Tryout natürlich weiter an „Goethe! Auf Liebe und Tod“. Es gibt noch einiges mehr - ganz unterschiedliche Sachen - aber es ist noch zu früh, um darüber zu sprechen. Oder doch, eines kann ich noch verraten: Ingmar Süderkrüb und ich komponieren zum ersten Mal für einen internationalen Animationsfilm, „Luis and His Frieds from Outer Space“, ein Projekt der Brüder Christoph und Wolfgang Lauenstein, die sogar schon einen Oscar gewonnen haben. Es gibt einen Trailer auf unserer Cinetunes-Webseite. Cinetunes ist eine Kollaboration mit Ingmar Süderkrüb, der „Das Wunder von Bern“ arrangiert hat. Dort sind auch noch mehr Infos zu den diversen Projekten, an denen Ingmar und ich zusammen gearbeitet haben. Der „Charité“-Soundtrack wurde inzwischen auch veröffentlicht. Es ist schon ein tolles Gefühl, zu wissen, dass die ersten beiden Folgen der Serie über acht Millionen Menschen gesehen haben.
Was gibt Ihnen ein besseres Gefühl: Wenn viele Menschen Ihre Musik kennen oder wenn Sie etwas künstlerisch Wertvolles erschaffen haben, das vielleicht weniger bekannt ist?
Das ist ganz schwer zu sagen. „Das Wunder von Bern“ haben eine Million Leute gesehen. Das ist ganz schön viel. Die Kritiken waren super, die Zuschauer begeistert, trotzdem wurde es im Januar 2017 abgesetzt. Natürlich bin ich darüber traurig, aber ich kann auch verstehen, dass ein Unternehmen wirtschaftlich agieren und diese Entscheidung treffen muss, wenn nicht mehr genug Leute kommen. Man kann Erfolg nicht vorhersagen, sonst hätten wir alle nur noch Nummer-Eins-Hits. Künstlerischer Erfolg ist auch noch etwas anderes als kommerzieller Erfolg. Es gibt furchtbare Songs, die seit 20 Jahren wieder und wieder im Radio laufen und es gibt wunderschöne Lieder, die nur einem kleineren Kreis von Leuten zu Gehör kommen. „Doctor Faustus“ lag sieben Jahre in der Schublade. Ich hätte nicht gedacht, dass es doch noch den Weg auf die Bühne findet. Man weiß es nicht vorher. „Das Orangenmädchen“ beispielsweise ist eines meiner Stücke, das nicht oft gespielt wird, mir aber sehr am Herzen liegt und mich jedes Mal, wenn ich es sehe, sehr emotionalisiert. Es ist wie ein kleines Schätzchen. Der maximale Kontrast ist „Das Wunder von Bern“. Ich habe beides gleich lieb.
Interview: Sylke Wohlschiess
Die Fotos im Interview erscheinen mit freundlicher Genehmigung von:
Mirco Wallat, musicalsessen („Goethe! Auf Liebe und Tod“)
Pressestelle Schmidts TIVOLI GmbH Hamburg („Heiße Ecke“, „Cindy Reller“)
Pressestelle Stage Entertainment („Das Wunder von Bern“)
Hier können Sie Martin Lingnau online besuchen: www.martinlingnau.com und www.cinetunes.de
Diese Inhalte auf MusicalSpot.de könnten Sie auch interessieren: