Interview mit Janet Marie Chvatal:
Die Entstehung eines Hotel-Musicals
Seit vielen Jahren steht die Sopranistin Janet Marie Chvatal auf der Bühne, zu Beginn ihrer Karriere gab sie die Christine Daée im „Phantom der Oper" in Wien, später in Füssen Kaiserin Elisabeth in „Ludwig²". Die Bandbreite ihres Schaffens umfasst CD-Produktionen und die Konzeption und Durchführung musikalischer Events unterschiedlichster Stilrichtungen, oft in enger Zusammenarbeit mit ihrem Lebens- und Bühnenpartner Marc Gremm. Nun hat Janet Marie Chvatal ihr erstes Musical geschrieben – über ein Hotel.
Was kann an der Entstehungsgeschichte eines Hotels so interessant sein, dass man darüber ein Musical schreibt?
(lacht) Ja, das ist ungewöhnlich. Es gibt zwei Besonderheiten: Zum einen liegt das Hotel inmitten eines sagenumwobenen Tals, dem Tannheimer Tal. Es ist sehr reich an alten Legenden, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden und alleine schon reichlich Stoff für ein tolles Musical liefern. Um eine dieser Sagen geht es im ersten Teil, im zweiten Teil schließt daran die außergewöhnliche Geschichte der Familie Huber an, die das Hotel von einem kleinen Gasthof zu einem 5-Sterne-Hotel ausgebaut haben. Bruno Huber, gespielt von Marc Gremm, ist der eigentliche Held.
Es gibt also keinen direkten Zusammenhang zwischen der Sage und der Hoteliersfamilie?
Nein, zunächst nicht. Die Sage, die wir für das Musical verarbeitet haben, ist viel älter. Sie handelt von den Schwestern Bea und Lea. Beide sind Scheusale, egoistisch und verwöhnt, die ihrem Vater das Leben schwer machen. Als einer der ersten Siedler zieht er mit ihnen in das Tal, weil er hofft, die Natur würde die Mädchen positiv beeinflussen – aber leider, das ist nicht der Fall. Als der Vater stirbt, wird sein Gold auf zwei Schiffe verladen, und die rothaarige Bea versucht, ihre blinde Schwester Lea auszutricksen und alles Gold auf ihr Schiff zu bringen. Diese bemerkt den Betrugsversuch und ein heftiger Streit entflammt, der den Berggeist auf den Plan ruft, der über das Tal wacht. Er schickt einen Sturm, der sieben Tage und sieben Nächte dauert. Danach ist ein See, wo vorher Wiesen waren. Die blinde Lea ertrinkt und wird vom Berggeist in eine Nixe verwandelt. Die rothaarige Bea schnappt sich das ganze Gold und flieht auf den Berg – sie verwandelt der Berggeist in einen feuerspeienden Drachen. An klaren Abenden kurz vor Sonnenuntergang kann man einen ganz intensiven roten Widerschein auf diesem Berg sehen. Eigentlich entsteht dieses rote Licht durch bestimmtes Gestein, das dem Berg auch den Namen Rote Flüh gab. Aber in der Sage ist es natürlich der Drache, der allabendlich seine Höhle verlässt und schaut, ob sein Gold noch da ist. Unten im Haldensee schwimmt derweil die Nixe, die inzwischen bereut, wie gemein sie ihren Vater behandelt hat. Sie weint und weint und ihre Tränen sinken als Perlen auf den Grund des Sees. Wie ein Schleier, der sich langsam löst, konnte sie dann wieder sehen und entschloss sich, aus Dankbarkeit nun ihrerseits allen Menschen zu helfen, die zum Ufer ihres Sees kommen.
Und wie kriegen wir jetzt den Schlenker zur echten Familie Huber? Findet Bruno eine Perle? Oder das Drachengold?
(lacht). So ähnlich. Nein, natürlich hat der echte Bruno Huber kein Drachengold entdeckt. Aber genau das ist ja die Arbeit eines Autors: Die Legenden mit den realen Erlebnissen einer Familie zu verbinden und so daraus eine Geschichte entstehen zu lassen. Für mich war es so klar, was im Musical passieren muss – in meinem Kopf war sofort die Verbindung. In der Geschichte trifft Bruno den Berggeist, dem er durch seine Güte und Herzenswärme imponiert hat. Der Berggeist muss sich natürlich zuerst in einen alten Wanderer verwandeln, damit er mit Bruno reden kann. Wie das in alten Sagen halt immer so ist: Er erkennt Brunos edlen Charakter und denkt, sich, okay, der kriegt jetzt was. Also verrät er ihm das Geheimnis des Berges. Bruno steigt in der Abenddämmerung hinauf, kämpft mit dem Drachen und tötet ihn – den Tod des Drachen zeigen wir aber nicht vor den Augen der Zuschauer. So gewinnt Bruno das Gold und nimmt Renate zur Braut. Das ist der Übergang zur realen Familiengeschichte. Im zweiten Teil der Handlung geht es dann weiter mit der Entstehung des Hotels.
Was ist so besonders an diesem Hotel, an dieser Familie?
Bruno Huber, der Vater der jetzigen Inhaberin Sonja, war ein Visionär. Er kam ins Tannheimer Tal, arm, ohne Geld, ohne Land – aber voller Ideen. Es gibt heute noch Leute, die vom „verrückten Bruno" erzählen, der in den 1970er, 1980er Jahren plötzlich ein rosa Schloss aus diesem alten Gasthof machen wollte, mit einem unterirdischen Dorf, einem unterirdischen Wasserfall und Brücken und wer weiß was noch. Er hat riesige Steine aus dem Haldensee bergen lassen, um damit diese Träume zu bauen. Die haben alle gedacht, er hat sie nicht alle. Das ist fast ein bisschen ähnlich wie bei König Ludwig II. Doch wirklich. Die hielten ihn alle für verrückt – aber alle haben ihn geliebt und ihn bewundert. Und er hat es geschafft. Über die Jahre ist der kleine Gasthof zu einem absolut legendären 5-Sterne-Hotel geworden. Aus der ganzen Welt kommen die Gäste hierher. Eine besondere gastgeberische Kraft zeichnet das Hotel aus. Alle Zimmer sind unterschiedlich, jedes einzelne ist ein Kunstwerk. Dazu gibt es dort ein besonderes Kurwasser, das von der Quelle am See stammt. Immer wenn Bruno verzweifelt war, ging er zu dieser Quelle und hat sich von der Natur inspirieren lassen. Daher kommt im zweiten Teil des Musicals auch die Geschichte von der Nixe, die ihm eine Perle schenkt. Eigentlich ist das eine ganz einfache Symbolik. Was Bruno sich erträumt hat, ist Stoff für ein Musical. Genau wie bei König Ludwig II. Auch Bruno ist sehr jung gestorben, mit 47 Jahren. Es war eine schwere Zeit, in auch noch weitere Schicksalsschläge die Familie getroffen haben. Damals haben sich Sonja und Renate entschlossen, zu Brunos Ehre etwas Besonderes zu schaffen. Die Worte „Vielen zur Ehre, einem zum Gedenken" findet sich neben anderen Zitaten an den Wänden im Hotel. In Zusammenhang mit der Sage von der Nixe und den Perlen hat ein Arzt für das Hotel eine mehrseitige Philosophie mit dem Titel „Die drei Perlen" geschrieben. Diese Perlen, auf denen das ganze Unternehmen ruht, heißen Liebe, Träume und Kraft. Sie kommen auch im Musical vor, das heißt, das Musical basiert auf etwas, das es im „...liebes Rot Flüh" tatsächlich seit 15 Jahren gibt.
Wer kam dann letztlich auf die Idee, die Sage und die Hotelgeschichte zu einem Musical zu verbinden?
Familie Huber, besonders Sonja, Brunos Tochter, und Günter, ihr Onkel, sind große Musicalliebhaber. Günter Huber hatte immer schon die Idee, das Hotel zu einer Bühne zu machen. 2007 waren Marc Gremm und ich für einen Promotionauftritt für „Ludwig²" dort und haben so die Hubers kennen gelernt. Sonja Huber hat uns damals schon verraten, dass sie so gerne „irgendwas mit Musicals" in ihrem Hotel hätte. Sie wäre aber nicht auf die Idee gekommen, ihre eigene Familiengeschichte zu thematisieren. Auf diese Idee kam ich einige Zeit später. Aber der Urgedanke entstand schon damals. Begonnen hat alles mit den Galadinners, die wir seit damals regelmäßig musikalisch als Ludwig und Sisi begleiten. Diese Auftritte sind ganz schnell zu einer Institution geworden, und so ist unser Kontakt über die Jahre gewachsen. Das war wichtig, denn man muss dem Autor und dem Komponisten großes Vertrauen entgegenbringen, wenn man sie die Geschichte der eigenen Familie erzählen lässt. Wir sind sehr dankbar, dass die Hubers uns dieses Vertrauen geschenkt haben. Sonja weiß, dass sie eine einmalige Geschichte und ein einmalige Sache geerbt hat und diese in die nächste Generation weitertragen muss. Es gibt Menschen, die werden berühmte Politiker oder Stars. Menschen wie Evita, Freddie Mercury, König Ludwig, Kaiserin Sisi – jeder kennt ihre Namen. Es gibt aber auch Menschen, die werden nicht unbedingt zur Jahrhundertpersönlichkeit, haben aber auch etwas ganz Außergewöhnliches geschaffen. Und ihre Geschichte ist es wert, erzählt zu werden. Bruno Huber war so ein Mensch – und ich glaube, das hat seine Tochter irgendwann erkannt. So war ihr auch klar, dass eine Biographie nicht genug gewesen, ihm nicht gerecht geworden wäre. Es musste zu seiner visionären Qualität passen, es brauchte mehr Emotion. Und die kommt durch die Musik.
Wie ging die Entwicklung des Musicals weiter?
Wir haben gemeinsam über die letzten Jahre die Idee entwickelt, ich habe zuhause am Buch geschrieben. Eine Freundin von Sonja hat viele dieser alten Sagen aus dem Tannheimer Tal in einem Märchenbuch zusammengefasst, das in jedem Hotelzimmer liegt, das war mir eine große Hilfe. Mit Nic Raine habe ich über die Musik gesprochen und unabhängig von den Entwicklungen im Hotel haben wir den Füssener Komponisten Karl De Vorschée kennengelernt, diesen 85jährigen Herrn, der für unsere Weihnachts-CD „Abendstern" zwei Lieder geschrieben hat. Ich habe noch ein paar andere seiner Kompositionen gehört und dabei gleich gedacht, dass das einfach passt. Das ist genau die richtige Art volkstümlicher Ohrwürmer, die zu einem Musical im volkstümlichen Stil passen. Wenn das Musical richtig gemacht sein will, muss es zu Tirol passen. Es darf kein Rock-Pop-Musical sein, es darf nicht zu klassisch sein, es muss sich dieser Region anpassen. Karl De Vorschées Melodien fand ich einfach toll. Einige seiner Liedtexte habe ich im Original übernommen, andere verändert, um sie an die Geschichte anzulehnen; auch das Buch nahm allmählich Formen an.
Deutsch ist nicht ihre Muttersprache – in welcher Sprache texten sie?
Die Lieder habe ich gleich in deutscher Sprache getextet, aber die Sprechszenen und die Moderation in meiner Muttersprache Englisch. Marc war da nicht nur unser Produktionsleiter, sondern auch der Übersetzer. Natürlich haben wir das Ergebnis von mehreren Leuten prüfen lassen, auch von Wolfgang Pampel, der die Stimme des Erzählers gesprochen hat.
Wolfgang Pampel? Ist das nicht...
Genau. Die Synchronstimme von Harrison Ford. Das war unglaublich. Ein paar Monate vor der ersten Show hatten wir immer noch keinen geeigneten Erzähler gefunden. Marc und ich wollten jemanden mit einer Urstimme. Es musste eine Stimme sein, die klingt wie das Tal selbst, eine zeitlose Stimme, mit Tiefe und Charisma. Wir haben überlegt und überlegt. Irgendwann kam Marc mit den Worten „Ich weiß die perfekte Stimme, aber das können wir vergessen, den kriegen wir nie" zu mir. Nun, ich wollte natürlich wissen, wen er im Sinn hat, und Marc erklärte, die Stimme von Harrison Ford für unser kleines Musical haben zu wollen. Da fehlten mir erstmal die Worte – wie kam er denn auf sowas? ‚"Forget it, den kriegen wir nie. Wie heißt er denn?" „Wolfgang Pampel". „Wer?" Ich dachte ich höre nicht richtig. „Wie – Wolfgang Pampel? Entschuldigung – Du meinst Wolfgang Pampel? – Gib mir fünf Minuten". Ich suchte mein altes Telefonbuch heraus. „Hi Wolfgang, hier ist deine kleine Christine aus 1990. It's Janet. Und ich habe da ein Projekt". So. Erledigt. Die nächste Aufgabe, bitte. (lacht) Marc war eine Woche lang platt. Mit Wolfgang habe ich 1990 im „Phantom der Oper" in Wien gespielt, er war Monsieur Moncharmin, ich Christine Daée.
So erklärt sich also die Frage, wie man solche Größen für so eine kleine Produktion ins Boot bekommt?
Die Wahrheit ist - wenn du ein Produkt kreierst, das Qualität hat, dann ist es den meisten Künstlern egal, ob es „was Größeres" oder „was Kleineres" ist. Auch Nic Raine musste nicht lange überlegen. Er ist ein weltweit gefragter Arrangeur und hat u.a. für „James Bond" und Udo Jürgens' „Der Mann mit dem Fagott" die Filmmusik geschrieben. Wir haben ihn bei „Ludwig²" kennengelernt und sind heute sehr gut mit ihm befreundet. Die Hotelatmosphäre sollte er unbedingt selbst erleben, also haben wir ihn eingeladen. Vor eineinhalb Jahren war er dann für zwei Tage dort, hat sich sauwohl gefühlt und gemeint, das sei gar kein Problem, natürlich sei er bei unserem Musicalprojekt dabei. Er hat die Melodien arrangiert und mit dem Prager Philharmonie Orchester eingespielt. Genauso haben wir Norbert Lamla für die Rolle des Berggeists gewonnen. Marc hat Norbert ganz nervös angerufen; Norbert kennen wir natürlich sehr gut aus der gemeinsamen Zeit bei „Ludwig²". Aber jemanden wie ihn einzuladen, für so ein Ding – da sind ganze 46 Plätze pro Show. Aber er hat sofort zugesagt. Wir haben angeboten, ihm zuerst das Buch zu schicken, damit er sich einen Eindruck verschaffen kann. Aber das wollte er gar nicht. Nein, er hat sofort zugesagt.
Also kann man sagen, die freundschaftlichen Kontakte, die Sie über viele Jahre aufgebaut und gepflegt haben, bringen all diese Leute ins Tannheimer Tal?
Genau. Und das ist so schön. Ich kann gar nicht sagen, wie gut das tut. Ich war so nervös vor der ersten Probe mit Norbert. Ich soll Regie führen? Ich soll Norbert sagen, was er auf der Bühne zu tun hat? Ich habe ihn in „Sunset Boulevard" erlebt, da hatte ich mein Debüt im „Phantom der Oper" knapp hinter mir, war jung und noch unerfahren und völlig fasziniert von seiner Bühnenpräsenz, obwohl er als Max von Mayerling bis zu seiner Arie ja gar nichts gesagt hatte.
Wie fühlt es sich an, so jemandem nun Anweisungen zu geben?
Wunderschön. Weil es eine totale Zusammenarbeit war. Norbert hatte gleich Ideen, wie sein Berggeist dargestellt werden könnte. Er hat gut zugehört, sehr genau zugehört. Und da ich als Renate, Brunos Frau, auch selbst eine Rolle übernommen habe, spielen wir wieder zusammen. Das ist so schön.
Wer steht bei „Die Legende des ...liebes Rot-Flüh" noch auf der Bühne?
Oh, teilweise sind über 20 Personen auf der Bühne – also tatsächlich halb so viele, wie im Publikum sitzen. Bei der Drachenszene laufen die Mitwirkenden direkt durch die Gäste, so weiß man fast nicht mehr, wer zum Ensemble gehört und wer zum Publikum. Außer Norbert Lamla und mir ist natürlich wie gesagt Marc Gremm dabei, in der Hauptrolle des Bruno Huber. Die beiden Schwestern werden von zwei Tänzerinnen aus England dargestellt, Volker Bleck, der schon bei einigen unserer Konzerte für die Choreographie verantwortlich war, hat diese auch für das Musical übernommen, außerdem spielt er den Vater. Die Familie Huber wirkt selbst auch mit. Sonjas Tochter spielt ihre Mutter, ihr Sohn spielt den Papa. Sie singen aber nicht. Es gibt eine ganz süße Szene – sie erscheinen und tanzen. Außerdem integrieren wir einen Akkordeonspieler, weil ich unbedingt ein echtes Tiroler Live-Element wollte.
Ansonsten kommt die Musik vom Band?
Genau. Von Nic Raine in Prag mit dem Philharmonieorchester aufgenommen. Und wir singen live. Aber nur Norbert, Marc und ich.
Gibt es ein Bühnenbild?
Das Bühnenbild ist eigentlich das, was Bruno – der echte Bruno - 1987 selbst erschaffen hat, dieses unterirdische Dorf. Man braucht kaum Extras, denn die Kulisse hat Bruno damals schon gebaut.
War der echte Bruno auch schon Musicalliebhaber?
Gute Frage. Das weiß ich nicht. Ob er vor 24 Jahren schon gedacht hat, dass er eines Tages ein Musical über sein Leben und das Tal möchte und sich überlegte, dort einen Balkon und dort eine Tür in sein unterirdisches Dorf zu bauen? Naja... eher nicht. Aber ich glaube, das hier würde ihm gefallen.
Wen glauben Sie interessiert das Stück? Wer ist die Zielgruppe?
Die Hotelgäste.
Nur die?
Sicher auch die Menschen aus der Region. Die interessiert das auf jeden Fall auch, denn das „...liebes Rot Flüh" ist Arbeitgeber für 130 Leute, der Hauptabeitgeber des Tannheimer Tals. Aber vor allem schon die Gäste des Hotels. Insbesondere die Stammgäste sind sehr loyal. Das Musical ist auch eine Art, diesen Gästen etwas Neues, etwas Besonderes zu bieten. Man kann das unter Marketingaspekten betrachten – das Hotel ist ein bisschen wie Disneyland: Wenn man dort hin geht, kann man auch ein Paket kaufen, man bekommt die Fahrt, das Hotel, den Themenpark, also ein Gesamterlebnis. Das Hotel ist eh wie ein Erlebnispark, aber die Musik und die Geschichte haben gefehlt. Musik gibt es im Hotel jeden Abend, aber durch das Musical ist das Konzept jetzt rund. Das ist ähnlich, als ob in Disneyland auf der Hauptbühne „Die Schöne und das Biest" gespielt wird. Nur gab es dort zuerst denThemenpark und dann das Hotel. Beim ...liebes Rot Flüh ist es anders herum.
Kann man auch nur das Musical anschauen?
Ja. Es gibt die Möglichkeit, das Musical in Verbindung mit einem Essen zu buchen. Das Musical ist der erste Teil. Man darf nicht vergessen, dass es ja nur ein Akt ist und nur ca. eine Stunde dauert. Danach geht man essen. Der Küchenchef, Sternekoch Jürgen Benker, hat sich ein Menü ausgedacht, das perfekt zur Geschichte passt, mit Forellen, Perlen und ... Aber ich will das nicht alles verraten.
Das „...liebes Rot Flüh" ist das erste Hotel in Europa, das seine Geschichte in einem Musical dokumentiert. Glauben Sie, dass es Nachahmer geben wird?
Die gibt es schon. Wir waren Anfang 2011 auf einer Messe in der Schweiz und haben dort einen Flyer mit einer Promotion-CD verteilt. Dieses Jahr fand die Messe wieder statt und jetzt ein zweites Hotel dort mit der gleichen Idee geworben. Die werden uns kopieren. Ja, das ist klar: wenn Du eine gute Idee hast, werden die Leute die nachmachen.
Aber dass Sie das Stück oder eine Adaption davon auch anderen Hotels in der Region anbieten, ist nicht geplant?
Nein, denn andere Hotels könnten diese Geschichte nicht erzählen. Die muss dort bleiben. Ok, die Legende von den Schwestern und dem Drachen könnte ein anderes Hotel im TannheimerTal natürlich auch erzählen. Aber ich glaube, wenn die Hotels klug sind, werden sie lieber zusammenarbeiten, Pakete schnüren und die Leute von ihrem Hotel ins „...liebes Rot Flüh" bringen, genauso wie es damals bei „Ludwig²" gemacht wurde.
Sie gehen also nicht davon aus, dass jetzt die Musicalfans aller Welt ins Tannheimer Tal pilgern?
(lacht) Hm. Ich weiß es nicht. Wohl eher nicht. Obwohl – mit Norbert Lamla und Wolfgang Pampel haben wir natürlich bekannte Namen. So, wer weiß. Das Potenzial ist da. Vielleicht auch, weil Musicalfans öfters relativ wohlhabende Leute sind, die ihr Geld auch ausgeben für verrückte Wochenenden wie mal eben nach Hamburg fliegen und „König der Löwen" anschauen und dann paar Wochen später nach X fliegen und Y anschauen. Aber ich will es nicht mit Superlativen überladen – es ist ein kleines Musical in kleinem Rahmen, das man nicht unbedingt zehnmal im Jahr anschauen würde. Aber die Größe ist für den Erfolg eines Projekts nicht immer ausschlaggebend. In unserem Business ist der Trend im Moment ja, alles zu olympischer Größe aufzubauschen, riesengroße Theater zu bauen und Galas in Stadthallen zu veranstalten. Wir glauben, dass es gut ist, ein bisschen zu den Wurzeln zurückzukehren. Michael Pflumm, ein Operntenor und guter Freund, der uns geholfen hat, die Chorpartituren zu arrangieren, bekam danach die Melodien nicht mehr aus dem Kopf. Er hält sie für einen neuen Musikstil, den es so in einem Musical noch nie gegeben hat und der alleine deshalb gut ankommen wird, vor allem bei Menschen, die auch gerne Schlager hören. Denn die Musik klingt volkstümlich, geht aber gleichzeitig Richtung Operette. Es ist kein Poprock wie „Elisabeth" oder „Tanz der Vampire", kein klassisches „Phantom der Oper", es ist etwas Neues. Auch nicht „Mamma Mia" oder „Hinter'm Horizont". Auch nicht Udo Jürgens – obwohl es mit „Ich war noch niemals in New York" vielleicht noch am ehesten vergleichbar ist. Aber eigentlich auch nicht. Die Geschichte, auf der „Die Legende des ...liebes Rot-Flüh" basiert, hat viel mehr Tiefe. Und sie ist fest in der Region und den Menschen dort verwurzelt. Wir sind mit großem Respekt an das Projekt herangegangen und nun sehr glücklich, dass wir es mit Hilfe großer Künstler und wunderbarer Freunde umsetzen konnten.
Interview: Sylke Wohlschiess
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