Interview mit Thomas Christ:
Sweeney mordet mit Motiv
Vielseitigkeit zeichnet Thomas Christ aus. Seit Beginn seiner künstlerischen Laufbahn hat er viele ganz unterschiedliche Rollen interpretiert, oft spielt er in mehreren Produktionen gleichzeitig. Am Stadttheater Pforzheim zückt er jetzt die Rasiermesser.
Können Sie noch mit gutem Appetit Pasteten essen?
Ja (lacht). Dafür esse ich viel zu gerne Fleisch. Wegen „Sweeney Todd" werde ich jetzt mit Sicherheit nicht zum Vegetarier.
Welchen Anteil hat Pastetenbäckerin Mrs. Lovett an Sweeney Todds Taten?
Die zündende Idee kommt tatsächlich von ihr. Sweeney ist anfangs nur auf Vergeltung aus. Sein erster Mord an Adolfo Pirelli ist eigentlich mehr ein Unfall, der war gar nicht beabsichtigt. Dann stellte sich aber die Frage, wie man den Toten unauffällig los wird. Sweeney denkt pragmatisch und will ihn nachts, wenn es dunkel wird, verscharren. Mrs. Lovett meint, das könne man schon tun, aber sie hat auch noch eine andere Idee... und dann kommt das ganze Ding ins Rollen.
Ist Sweeney Todd von Grund auf böse?
Nein, das ist im Musical tatsächlich anders als in der Romanvorlage. Thomas Peckett Prest hat „A String of Pearls" geschrieben, einen Fortsetzungsroman, der Mitte des 19. Jahrhunderts in einer englischen Frauenzeitschrift veröffentlicht wurde. Dort mordet Sweeney einfach darauf los. Das liegt in seiner Natur, in seiner Persönlichkeit. Sondheim hat mit einem gelungenem Kniff für Sweeneys Taten eine Motivation gefunden: Der Schmerz, das Verletztsein und die Wut darüber, vor 15 Jahren unter einem Vorwand von Richter Turpin aus London verbannt worden zu sein, nur, damit der sich an seine Frau ranmachen kann. Wie wir ja wissen, ist diese darüber zu Grunde gegangen und Turpin hat sich noch angeblich großmütig seiner Tochter angenommen. Weil er sich rächen möchte, kommt Sweeney nach London zurück. Ich bin mir gar nicht sicher, ob diese Rache tatsächlich schon Mord im Hinterkopf hat oder ob der Gedanke womöglich erst in dem Moment entsteht, als Mrs. Lovett ihm seine Rasiermesser wieder unter die Nase hält. Für mich ist Sweeney nicht einfach nur ein böser Mensch, sondern es gibt tatsächlich eine Motivation für seine Taten, vielleicht eine zweifelhafte, aber er handelt nicht grundlos.
Können Sie nachvollziehen, dass man Selbstjustiz übt, wenn einem so schreckliches Unrecht widerfährt?
Sweeney Todds Existenz wird ja völlig zerstört, noch dazu von einer Vertrauensperson. Bis zu einem gewissen Punkt kann ich schon nachvollziehen, dass man darüber erzürnt ist. Ich denke, ich bin ein Mensch mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Mit Sicherheit würde ich auch danach streben, dass der Richter zur Rechenschaft gezogen wird. Aber ich würde garantiert andere Mittel und Wege suchen.
Aber Sweeney entgleitet die Sache...
Ja, das tut sie. Es geht bei Pirelli los, der ihn dummerweise erkennt und die ganze Sache auffliegen lassen will. Das heißt, man muss ihn irgendwie zum Schweigen bringen. Und wie macht man das am einfachsten? Vor allem, wenn man kein Geld hat? Ich glaube, dass Sweeney in einen regelrechten Wahn gerät. Er will den Richter auf seinem Stuhl haben und wird von dieser Idee so getrieben, dass er irgendwann gar nicht mehr klar sieht. Ich glaube, der sieht irgendwann im wahrsten Sinne des Wortes nur noch rot. Dann trägt Mrs. Lovett ihren Teil bei. Die beiden haben eine Abmachung – und die Morde sind Teil des Geschäfts. Der Pastetenladen läuft ja nur gut, solange Fleisch an den Mann kommt. Klar ist da auch eine gehörige Portion schwarzer Humor im Spiel. Würde es nur auf die Ermordung des Richters hinauslaufen, würde der humoristische Anteil komplett fehlen. Und das Stück wäre vermutlich um einiges kürzer.
Welche besonderen Entwicklungen gibt es im Stück?
Eine Entwicklung machen im Theater ja grundsätzlich alle Figuren durch, diese sind mal größer, mal kleiner. Auch Jonathan in „Dracula" durchlebt eine Entwicklung, aber die ist kleiner und deshalb nicht so offensichtlich. Jetzt ist das anders: Sweeney Todd kommt als gebrochener Mann aus dem Straflager zurück. Was er da erlebt hat, wird nie wirklich thematisiert, es heißt nur, die Jahre hätten ihn verändert. Das Schicksal hat in so gebeutelt, dass er das Lachen verlernt hat. Trotzdem, und das ist eine große Stärke des Stücks, kippt es immer wieder von hochdramatischen Szenen ins Komische oder umgekehrt. Die lustigen Szenen hat natürlich vor allem Mrs. Lovett. Sweeney lebt nur für seine Rache. Dass das Ganze so tragisch endet - er bringt ja noch die Bettlerin um, von der wir wissen, wer sie in Wahrheit ist, und ermordet fast noch seine eigene Tochter - hat mit seinem Wahn zu tun. Am Ende stolpert er über seine eigenen Missetaten.
Wie bringt man das auf die Bühne?
Dabei hilft uns vor allem die brillante Musik, die Stephen Sondheim komponiert hat und auf die man sich sehr verlassen kann. Am Anfang dieses gebrochene, dieses sich fast nicht ausdrücken können. Wenn Sweeney Todd Anthony seine Geschichte erzählt, stammelt er beinahe – das findet sich auch in der Musik. Oder wenn er bei „Epiphany" plötzlich diese Wahnvorstellungen hat: Er hat den Richter auf dem Stuhl und nur weil der dumme Kerl reinplatzt, kann er seine Rache nicht vollziehen. Da bricht für ihn eine Welt zusammen. Auch das wird von der Musik ganz hervorragend unterstützt. Natürlich muss man als Schauspieler auch immer den ganzen Handlungsbogen im Blick haben und von Anfang an wissen, was man mit der Figur erzählen möchte. Vieles ist durch die Musik und den Text, manchmal auch durch die Regie vorgegeben. Aber im Lauf des Probenprozesses entwickelt sich auch vieles. Im Idealfall entsteht alles aus einem Zusammenspiel, das sich immer wieder gegenseitig befruchtet. Wenn man die Musik hört, wird man vielleicht zu einer darstellerischen Facette inspiriert. Dann sagt die Regie, wenn du das machst, dann probier' doch mal aus, noch in diese oder jene Richtung zu gehen. Und der Musikalische Leiter sagt vielleicht, gut, wenn du das so anlegst, dann probieren wir doch mal aus, ob wir mit dem Orchester in der Lautstärke variieren oder das Tempo an dieser Stelle ein bisschen anziehen können.
Sondheims Kompositionen gelten als äußerst komplex. Erfordert das eine besonders intensive Vorbereitung?
Ja. Man muss tatsächlich gut zählen können. Sondheim wechselt ständig in den Takten, springt von 3/4 in 2/8 oder 5/4. Am Anfang scheint einem vieles sehr willkürlich. Aber sobald man sich näher mit der Musik beschäftigt, merkt man, dass er gar nichts willkürlich gemacht hat. Alles, jeder Takt und jeder Ton, haben einen ganz bestimmten Grund. Auch wenn er zwei Melodien übereinander legt, die im ersten Moment dissonant erscheinen, geschieht dies wohlüberlegt. Da ist zum Beispiel die Wirtshausszene zu Beginn des zweiten Aktes. Die geschäftstüchtige Mrs. Lovett sieht zu, dass der Rubel rollt. Toby, der ja in ihrer Obhut ist, nachdem Pirelli nicht mehr auftaucht, lebt irgendwie in seiner eigenen Welt. Und ein Stockwerk höher hat Sweeney gerade total euphorisch seinen neuen Stuhl ausgepackt. Jede der handelnden Personen hat ihr ganz eigenes musikalisches Thema. Alle drei Melodien werden übereinander gelegt - und es funktioniert.
Könnte dadurch Sondheim für die Zuschauer auch ab und zu etwas anstrengend sein?
Ich bin natürlich vorbelastet, weil für uns schon während des Studiums Sondheim fast so etwas wie der Musicalgott war, der einfach tolle Texte und Melodien geschaffen hat. Ich würde sagen, es ist anspruchsvolles Musical, kein Melodiengeplätscher. Er schreibt auch immer wieder Melodien, die ins Ohr gehen, aber eben oft auch Melodien, die ein bisschen sperrig sind, das stimmt. Beim ersten Hören ist man da auch als Zuschauer vielleicht besonders gefordert. Aber ich glaube, wenn man sich dem nicht verschließt, sondern diese Musik bewusst auf sich wirken lässt, dann erzählt sie genau das, wofür sie steht. Wenn ich mich tatsächlich darauf einlasse, dass drei Sachen gleichzeitig passieren, dann ist es im Endeffekt genau das, was uns im Alltag ja auch passiert. Man muss sich auf mehrere Sachen gleichzeitig konzentrieren. Ich glaube, dass wir durch Fernsehen und Film auch ein Stück weit bequem geworden sind in dem, was wir uns ansehen. Es wird alles vorgefiltert. Von daher finde ich es super, dass es Leute wie Sondheim gibt. Und er ist ja nicht der einzige, der eben nicht easy-going schreibt.
Wenn man Ihre bisherigen Engagements anschaut, fällt Ihre ungeheure Vielseitigkeit auf. War bei den Rollen schon mal so ein richtiger Bösewicht dabei?
Na, Hyde in „Jekyll & Hyde" ist nicht gerade ein Waisenknabe. Wobei das ja nur die eine Seite der Rolle ist. Aber auch der mordende Sweeney ist nur ein Teil der Figur. Der Herzog von Orléans in „Marie Antoinette" ist auf jeden Fall eine ziemlich linke Bazille. Ich durfte bisher wirklich schon viele unterschiedliche Rollen spielen, da waren Böse dabei, da waren gebrochene Persönlichkeiten dabei und auch lustige.
Was macht mehr Spaß?
Die Guten haben oft die schönen Balladen, sind aber meistens auch diejenigen, bei denen es weniger Entwicklung gibt. Klar, es ist auch spannend, gerade diese kleinen Veränderungen so herauszuarbeiten, dass man glaubwürdig ist. Am Theater Pforzheim habe ich in „Dracula" tatsächlich das erste Mal einen jugendlichen Liebhaber gespielt, das hatte ich nie vorher. Aber die Rollen mit Abgründen machen vielleicht ein bisschen mehr Spaß. Ich habe es immer geliebt, „Jekyll & Hyde" zu spielen, diese böse Seite, die ja jeder von uns irgendwo hat, tatsächlich nach außen kehren zu können. Man kann etwas ausleben, was man privat nicht ausleben kann, möchte oder darf. Natürlich ist es wichtig, die Rolle auch wieder abzulegen, privat und Bühne zu trennen. Bei lustigen Stücken ist das leichter. Als ich Josephine in „Manche mögen's heiß" gespielt habe, hab' ich die Pumps nicht mit nach Hause genommen. Das lässt einen schneller los, als so ein Serienmörder. Das arbeitet in einem weiter, man macht sich da auch zu Hause noch Gedanken. Aber keine Angst, ich hab' meine Rasierklingen heute nicht dabei (lacht).
Wie wählen Sie Ihre Rollen aus?
Ich achte darauf, offen zu sein für alles, mich nicht in eine Ecke drängen zu lassen oder mich vielleicht sogar selbst in eine Ecke zu stellen. Es sollen Rollen und Stücke sein, die mir gefallen und ich hatte das Glück, dass mir einfach auch schöne Sachen angeboten wurden. Am Landestheater Eisenach durfte ich eine unglaubliche Vielfalt spielen, auch Oper und Operette, den Monostatos in der „Zauberflöte" und den Leopold im „Weißen Rössl". Auch „Comedian Harmonists" ist ja nicht wirklich Musical, sondern eher Schauspiel mit viel Musik. Mit „Der Widerspenstigen Zähmung" war auch schon reines Schauspiel dabei.
Diese genreübergreifende Arbeit ist bei uns in Deutschland eher ungewöhnlich, oder?
Das ist hier ein grundsätzliches Problem - oder soll man besser Phänomen sagen? Die Unterscheidung in ernste Musik und Unterhaltungsmusik kennt man im englischsprachigen Raum, egal ob England oder USA, so nicht. In London läuft derzeit eine „Sweeney-Todd"-Konzertreihe. Bryn Terfel, ein Opernsänger, spielt Sweeney und die Schauspielerin Emma Thompson Mrs. Lovett. Das Ergebnis ist ganz hervorragend. Ich weiß nicht, warum man bei uns immer in Schubladen denken muss.
Hat das vielleicht mit der Ausbildung zu tun?
Ich habe an der Bayerischen Theaterakademie „August Everding" in München eine klassische Musicalausbildung absolviert. Wir wurden in allen drei Sparten – Schauspiel, Gesang und Tanz – ausgebildet. Dabei hatte ich glücklicherweise immer Gesangslehrer, die eher aus dem klassischen Bereich kamen, aber dem Musical sehr offen gegenüberstanden. Weil sie aus Amerika kamen und es da ganz normal ist, beides zu machen. Ja, vielleicht wird in der Ausbildung schon an manchen Ecken zu genrespezifisch gearbeitet. Aber es hat auch mit den eigenen Wünschen zu tun. Es gibt Kollegen, die nur mit Musical absolut zufrieden sind, weil es da genug schöne Rollen gibt, denen Schauspiel ohne Gesang zu wenig ist oder die keine Opern mögen. Es ist immer auch eine Entscheidung, die jeder Künstler für sich treffen muss. Bei mir gab es am Eisenacher Theater einen Musikalischen Leiter, der sich vorstellen konnte, dass ich gerade zum Beispiel auch Oper mache. Er hat mich gefragt, ob ich dafür vorsingen möchte. Ich habe zugestimmt, wollte das ausprobieren. Eben weil ich immer darauf aus war, möglichst offen zu sein und mich nicht selbst zu begrenzen. Es hat wahnsinnig viel Spaß gemacht, ich habe viel gelernt und tolle Kollegen getroffen. Ich hoffe, dass ich das auch weiterhin so praktizieren kann.
Ihre allerersten Engagements hatten Sie an En-suite-Theatern, danach kamen ausschließlich Repertoire-Häuser. Gibt es dafür einen Grund?
Das war tatsächlich meine ganz bewusste Entscheidung. Direkt nach dem Studium habe ich bei „Tanz der Vampire" angefangen und war da zwei Jahre mit über 700 Vorstellungen in der gleichen Position. Anschließend ging es weiter zu „Elisabeth". Und dann habe ich gemerkt, dass dieses sieben Mal pro Woche das gleiche zu spielen, einfach nicht meins ist. Ich will nicht sagen, dass es nicht anspruchsvoll ist, aber ich habe für mich eine andere künstlerische Herausforderung gesucht. Ich möchte die Zeit überhaupt nicht missen, ich habe in diesen Jahren so viel gelernt. Aber dann wurde mir klar, dass ich selbst eine Rolle kreieren und nicht nur etwas reproduzieren möchte, das mal jemand in London, New York oder Wien entwickelt hat. Ich möchte meine Figuren selbst entwickeln. Deshalb habe ich dann für mich beschlossen, mich vom En-suite-Betrieb abzuwenden. Ich wollte versuchen, im Stadttheater Fuß zu fassen. Zunächst war das ein schwieriger Schritt, erst mal kam ja nicht mehr regelmäßig Geld in die Kasse. Und ich musste auch ein bisschen Klinken putzen. Aber dann bekam ich den Valentin in „Der Kuss der Spinnenfrau" in Eisenach. Dort folgten dann noch viele weitere Rollen, Freddy in „My fair Lady" oder „Babytalk". Dort habe ich auch die ersten Regisseure kennen gelernt, die mich dann zum Vorsingen an anderen Häusern empfohlen haben. Direkt im Anschluss kamen ja dann die Spinnenfrauen in Flensburg und Lübeck. Durch Eisenach kam der Schneeball ins Rollen. Ich möchte gar nicht ausschließen, dass ich irgendwann wieder En-suite spiele, aber momentan fühle ich mich einfach pudelwohl, obwohl ich, wie alle Freiberufler, viel unterwegs bin. Man muss sich ja immer wieder um neue Jobs kümmern, denn mit nur einer Produktion kann man nicht leben.
Machen Sie das selbst oder läuft das über eine Agentur?
Beides. Vieles erfahre ich durch meine Kontakte zu unterschiedlichen Häusern, teils bekomme ich auch über eine Agentur Ausschreibungen. Aber zum Vorsingen muss ich immer noch selber gehen, das kann mir noch keiner abnehmen. Auch, wenn man an einem Theater schon gespielt hat, ist im Kreativteam meistens jemand dabei, der einen noch nicht kennt und gerne nochmal hören will. Es gab auch in Pforzheim für „Sweeney Todd" eine Arbeitsprobe, weil nicht klar war, ob die Partie vielleicht zu tief für mich ist. Sweeney wird ja gerne auch mal mit einem Bariton besetzt. Aber es hat geklappt und die Proben sind schon sehr spannend.
Sie spielen in mehreren Produktionen parallel. Wie schaffen Sie es, sich innerhalb kürzester Zeit immer wieder auf ganz unterschiedliche Rollen einzustellen?
Dafür sind tatsächlich die Zugfahrten gut. Man muss sich einfach vieles merken. Ich mache mir viele Notizen. Für mich wäre es in einer laufenden Produktion der größte Verlust, wenn ich mein Textbuch und meinen Klavierauszug verlieren würde, darin steckt quasi das Leben der Figur. Ich habe es immer dabei. Während der zwei, drei oder vier Stunden im Zug gehe ich das Textbuch durch. Vor der Vorstellung bleibt meistens auch noch ein bisschen Zeit. Und auch Kostüm und Maske helfen einem dabei, in eine andere Figur zu schlüpfen. Ich habe ja von Natur aus nicht mehr so viel Haar (lacht). Wenn ich dann in den Spiegel schaue und plötzlich eine dunkle Mähne oder graue Haare habe, dann fühlt sich das wie eine ganz andere Person an, die mir entgegenblickt. Und tatsächlich hilft auch das Kostüm. Je nachdem, welches Schuhwerk und welche Kleidung man trägt, bewegt man sich anders. Das ist ja auch privat so: Man bewegt sich ganz anders, wenn man zuhause im Jogginganzug herumlümmelt, als wenn man sich für einen Theaterbesuch schick gemacht hat. Und genau das passiert auch, wenn der Künstler ein Kostüm anzieht. Es verleiht eine ganz andere Körperlichkeit.
Aktuell sind Sie in fünf Produktionen tätig. Gibt es trotzdem noch andere Aktivitäten?
Ja. Ich habe in Kopenhagen eine Ausbildung zum Vocal Coach begonnen, die noch zwei Jahre läuft. Das Ganz nennt sich Complete Vocal Technique. Die CVT basiert auf der Annahme, dass es eigentlich eine Technik geben muss, mit der man wirklich alle Gesangsstile unterrichten kann. Zusammengetragen wurde das von einer Sängerin, die zwar nicht das Rad neu erfunden, aber für vieles eine klare Terminologie entwickelt hat, um möglichst verständlich und einfach zu unterrichten. Da lasse ich mich ausbilden, um dann diese Technik selbst zu lehren.
Bleibt fürs Unterrichten denn überhaupt Zeit?
Wenn ich nicht gerade im Probenprozess sechs Wochen am Theater vor Ort bin, unterrichte ich regelmäßig. Ich habe an zwei Tagen in der Woche jeweils zwischen vier und sechs Stunden private Gesangsschüler. Außerdem arbeite ich an der Stagecoach in Hannover. Das ist eine Theaterschule für Kinder und Jugendliche zwischen drei und 17 Jahren. Die Kinder sind in Gruppen eingeteilt, die ich dann unterrichte. Es macht mir unglaublich viel Freude, das eigene Wissen weiterzugeben.
Interview: Sylke Wohlschiess
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