Interview mit Sasha Di Capri:
Der Tausend-Sasha
Seit seinem 13. Lebensjahr steht Sasha Di Capri auf der Bühne. Man kennt ihn von seinen Rockkonzerten und natürlich aus Musicals wie "Rent" oder "Jesus Christ Superstar". Es darf aber auch gerne mal Magaldi aus "Evita" sein. Sasha Di Capri schreibt Songs, arbeitet an seinem ersten eigenen Musical und spielt zur Abwechslung in einem Horrorfilm mit. Was ihn mit Axl Rose und Winnetou verbindet, warum er lieber Judas als Jesus spielt und wieso er mit seiner Art zu komponieren sogar seine Kollegen verblüfft, hat er uns in einem langen, spannenden Gespräch erzählt.
Beim Blick auf Ihre vielen unterschiedlichen Aktivitäten drängt sich eine Frage als erstes auf: Machen Sie auch mal eine Pause?
(lacht). Ja, das frage ich mich auch manchmal. In Wien war es echt heftig. Ich war am Ronacher in „Evita“ als Magaldi und Cover Che engagiert. Gleich nach der Premiere fingen schon meine Proben für Che an, was ja nicht gerade eine kleine Rolle ist. Gleichzeitig habe ich das Album "Story of Dakota" aufgenommen. Die Videos dafür wurden in Kroatien gedreht. Während dieser Zeit war ich auch immer wieder in Hamburg, um mit Vini Gomes an unserem Musical zu arbeiten. Parallel habe ich zusammen mit Vini einen Song für meinen Bruder geschrieben und produziert. Und natürlich wollte jeder, dass sein Projekt rechtzeitig fertig ist. In dieser Phase habe ich wirklich kaum geschlafen. Jetzt bin ich zurück in Hamburg und kann meine lange To-do-Liste angehen. Es stehen zwei konzertante Aufführung von "Jesus Christ Superstar“" an, in Hamburg und danach in Wien. Bei beiden werde ich wieder den Part des Judas übernehmen.
Judas ist eine Ihrer Traumollen. Warum?
Mich fasziniert, wie sich die Beziehung zwischen Judas und Jesus entwickelt. Anfangs waren die beiden beste Freunde und sich sehr nah. Dann bricht diese Freundschaft irgendwie auseinander. Jesus wird zu groß, Judas kommt nicht mehr an ihn heran. Genau das versucht er aber mit allen Mitteln. Außerdem ist "Jesus Christ Superstar" als Rockoper ja genau meine Musikrichtung. Wenn die Gitarren einsetzen, bin ich schon voll in meinem Element. Ich liebe es, wie der Gesangspart komponiert ist. Judas ist meiner Meinung nach eine der anspruchsvollsten Männerrollen im Musicalbereich. Es gibt viele Kollegen, die schon Jesus und Judas gespielt haben und sie alle halten Judas für schwieriger. Wenn ich mir den Klang von Judas‘ Stimme vorstelle, höre ich ihn eher schwer und dreckig, Jesus mit einem leichteren, mehr lyrischen Gesangsstil. Ich mag ja das Dreckige – also war Judas mein Part.
Es hat ziemlich lange gedauert, bis Sie die Rolle gespielt haben.
Immer, wenn irgendwo Auditions waren, hatte ich keine Zeit, weil ich gerade mitten in einem Engagement oder sonstigen Projekt steckte. Nur ein einziges Mal habe ich für "Jesus Christ Superstar" vorgesungen, das hat aber nicht geklappt. In Trier wurde ich vom Veranstalter angefragt, ich war aber für Jesus vorgesehen - mit den langen Haaren und dem Bart sehe ich ja für viele wie ein Jesus aus. Als ich dann fragte, ob ich nicht vielleicht lieber Judas übernehmen könnte, brauchte es ein paar Diskussionen, aber ich habe das Kreativteam überzeugt (grinst).
Die Inszenierung am Theater Trier war recht ungewöhnlich, oder?
Wir spielten eine ganz moderne Fassung. Regisseur Martin G. Berger hat die Handlung ins Jahr 2016 verlegt und ins Musikbusiness übertragen. Es ging um einen Künstler, der zum Topstar und damit letztlich zu mächtig wird. Also hat man versucht, ihn vom Thron zu stoßen. Simon war als Gegenpart positioniert, als Newcomer, der gepusht werden sollte. Es gab auf jeder Seite eine Bühne mit riesigen Leinwänden, dazwischen war ein Durchgang für uns Darsteller. Die Zuschauer saßen auf beiden Seiten und sahen nur das Bühnengeschehen auf ihrer Seite live. Alles, was sich auf dem jeweils anderen Teil der Bühne abspielte, wurde auf die Leinwände übertragen. Das war, als würde man gleichzeitig im Theater sitzen und eine DVD anschauen.
Hat Ihnen diese moderne Interpretation besser gefallen, als eine klassische Inszenierung?
Das ist schwer zu sagen, weil ich ja bisher in einer klassischen Inszenierung noch nicht gespielt habe, was ich aber auf jeden Fall sehr gerne mal tun würde. Diese Neufassung hat aber echt Spaß gemacht. Ganz ungewöhnlich war, dass wir Bühnendarstellung mit Camera Acting verbinden mussten. In einem Riesentheater erreichen Emotionen nicht unbedingt auch noch die letzte Reihe, wenn man diese nur in den Augen zeigt. Wenn man aber auf der Bühne gefilmt und das Gesicht überlebensgroß auf die Leinwand projiziert wird, dann kann der Zuschauer alles in deinem Blick erkennen. Alle Gefühle, mit denen Judas sich bei "Blood Money" herumquält, habe ich nur mit meinen Augen ausgedrückt und jeder im Publikum konnte das sehen. Es war fantastisch.
Demnächst sind Sie wieder als Judas in "Jesus Christ Superstar" dabei.
Ja, sogar gleich in zwei Produktionen. Es gibt im März drei Vorstellungen in Hamburg am First Stage Theater - hier ist mein Bruder Alexander Produzent und führt gemeinsam mit Vini und mir Regie - und im April acht Termine im Wiener Ronacher Theater. Bei beiden spielt Drew Sarich Jesus, beides sind konzertante, auf englisch gesungene Produktionen. Ich freue mich schon total.
Worauf legen Sie bei der Darstellung des Judas besonderen Wert?
Seine Beziehung zu Jesus ist für mich das Wichtigste, sie ist der Schlüssel zum Verständnis der Ereignisse. Der Zuschauer soll intuitiv spüren, dass die beiden eine tiefe Freundschaft verbindet. In etwa so, als würde man neu zu einer Clique stoßen; meistens merkt man doch sofort, wer da besonders eng mit wem befreundet ist. Genauso möchte ich Judas‘ Beziehung zu Jesus dem Publikum vermitteln. Wenn sich ohne Worte der ganze Hintergrund erschließt, der ja im Stück gar nicht thematisiert wird, dann erlebt man viel intensiver die ganze Tragik, die hinter Judas‘ Rauswurf aus dem engsten Kreis um Jesus steckt.
Ist deshalb auch insbesondere der Bühnenpartner wichtig, der Jesus spielt?
Absolut. Deshalb freue ich mich unglaublich darüber, dass Drew Sarich den Jesus interpretiert. Wir hatten schon oft gemeinsame Engagements und - was in dem Zusammenhang noch viel wichtiger ist - wir sind privat befreundet. Diese Verbindung zum Spielpartner, die man normalerweise in der Probenphase aufbaut, die haben Drew und ich sowieso. Wir wissen genau, wie der andere tickt. Zum Glück, denn wir proben ja keine sechs Wochen, sondern in Hamburg beispielsweise nur eineinhalb Tage.
Nur so kurz?
Jeder hat seine Rolle schon in anderen Produktionen gespielt, sonst würde die Zeit nicht reichen. So aber hat jeder die Figur bereits von Grund auf erarbeitet, jeder weiß auch, wie sein Bühnencharakter zu den anderen steht. Bei den Proben müssen wir das "nur noch" zusammenbringen. Das ist immer noch viel Arbeit in sehr kurzer Zeit, aber machbar. Die Ahnung, wer wo zu stehen hat, kommt dann schon in eineinhalb Tagen (grinst).
Drew Sarich war auch schon öfter mit von der Partie bei Ihren "Sasha & Friends"-Konzerten. Können Sie uns mehr darüber sagen?
Eigentlich ist es genau das: Sasha and Friends. Meine Freunde und ich machen zusammen Musik. Das ist mein Leben. Ich stehe auf der Bühne, seit ich 13 Jahre alt bin, schon damals hatte ich eine Band mit meinen Kumpels. Nun ist es ja in einer En-suite-Produktion so, dass man jeden Abend die gleiche Show spielt. Klar, es variiert immer ein bisschen, aber es bleibt doch immer das selbe Musical. Insofern ist es eine prima Abwechslung, mal einen Abend etwas komplett anderes zu machen. Mit dabei sind meine engsten Freunde, die Rockmusik genauso lieben wie ich.
Gibt es aktuelle Termine für "Sasha & Friends"?
Momentan nicht. Für die Koordination sollte man längere Zeit vor Ort sein, man muss ja alle Beteiligten unter einen Hut kriegen. Während meiner Zeit bei "Rocky" in Hamburg gab es einige Aufritte, bei denen auch Drew dabei war. Aktuell habe ich einfach noch keine Zeit, wieder ein Konzert zu organisieren, zuerst muss ich einiges abschließen. Aber ich bin ja zurück in Hamburg, da gibt’s bestimmt auch wieder "Sasha & Friends". Es macht mir nicht nur tierisch Spaß, alle meine Lieblings-Rocksongs zu covern, sondern die Konzerte sind natürlich auch eine gute Gelegenheit, zu sehen, wie meine eigenen Songs beim Publikum ankommen.
Wann haben Sie mit Songschreiben angefangen?
Melodien habe ich im Kopf, seit ich klein bin, das war immer schon in mir. Schon ganz früh wurde ich immer wieder gefragt, ob ich nicht bei den Songs ein bisschen mithelfen kann. Klar doch. Irgendwann staunte ein Freund darüber, dass ich keine eigene Platte mache. Ja, meinte ich damals, dafür habe ich überhaupt keine Zeit. "Aber ständig anderen helfen, dafür reicht die Zeit?" Das war mir gar nicht so bewusst. Vielleicht war Zeitmangel auch nur eine Ausrede, sich nicht hinzusetzen und ein komplettes Album zu machen. Und dann habe ich es getan. Dann bin ich nach Los Angeles geflogen. Und habe Songs geschrieben.
Ging das hier nicht?
Das lag eher am Timing. Zu der Zeit hatte ich gemerkt, dass die Ausbildung, die ich angefangen hatte, für mich nicht passte. Ich war auf der Suche nach neuen Wegen und die führten nach Los Angeles. In dieser Stadt trifft sich Gott und die Welt, dort sind alle Musiker, das Feeling ist einfach perfekt. Du gehst da hin und fühlst Dich wie in den Achtzigern. Vor allem im Rainbow. Lemmy, der Motörhead-Frontmann, hing da jeden Tag ab, wenn sie nicht auf Tour waren. Led Zeppelin. Guns N‘ Roses. Mötley Crüe. Die waren große Hallen gewöhnt und traten dann dort in kleinen Locations auf, im Viper Room, im Troubadour oder im Whisky a Go Go. Deshalb gibt es so viele Liveaufnahmen. Wenn du am Strip bist und abends ins Whisky zu einer coolen Rockband gehst, dann fühlst du dich wirklich in die 1980er Jahre versetzt. Als ich dort war, spürte ich: Hier gehöre ich hin. Jetzt kann ich mein Album schreiben.
Daraus wurde "Born in L.A.".
Genau. Das Album heißt so, weil in Los Angeles fast alle Songs entstanden sind. Die kamen fast von selbst, die sind einfach passiert. So hatte ich das noch nie. Die ganze Atmosphäre ist so dermaßen authentisch. Ein Hard Rock Café ist dagegen ein Museum mit ein paar Gitarren an der Wand, schon ok, aber nicht wirklich echt. Aber in den Rockclubs von Los Angeles, da lebt der Spirit des Rock ‘n‘ Roll.
Die Musikrichtung ist klar. Gibt es Bands, die Sie besonders inspirieren?
Ich liebe die Achtziger. Bands wie Whitesnake, Foreigner oder Led Zeppelin. Deshalb singe ich deren Songs auch so gerne bei meinen "Sasha & Friends"-Konzerten.
Guns N‘ Roses gehört wohl auch zu den Favoriten?
Oh (schaut auf sein T-Shirt). Klar. Die kommen bald auf Tour, nach Hannover, Berlin, München und Wien. Da muss ich unbedingt hin.
Aerosmith touren auch...
Ja, genau, das soll wohl eine Abschiedstour sein. Wie alt ist Steven Tyler jetzt? Um die 70, oder?
Ja, fast 70.
Es ist unfassbar, wie der immer noch singen kann. Es gibt ja viele, die so eine hohe Stimme und so eine Range hatten, aber die wenigsten kriegen in seinem Alter die hohen Töne noch hin. Ich mag auch Aerosmith total gerne. Oder Mr. Big. Es gibt so viele tolle Bands. Meine Musik ist auch eher Vintage-Rock, nicht die neue Rockmusik à la Green Day, sondern vertrauter, guter alter Rock, neu produziert, ohne die alten Synthi-Sounds, sondern mit moderner Studiotechnik.
Worum geht es in Ihren Songs?
Na, um Liebe. Es sind Rocksongs (lacht). Meine Frau fragt schon ab und zu mal nach, was genau "das da in dem Song" meint. Dann versichere ich ihr immer, dass "das da" nicht direkt aus unserem Leben gegriffen ist. Ich schreibe über ganz unterschiedliche Dinge, die Freunde oder Kollegen erlebt und mir erzählt haben, aber natürlich auch über meine eigenen Erfahrungen.
Es besteht aber schon die Gefahr, unabsichtlich zu viel Privates preiszugeben, oder?
Die besteht, ja. Dann heißt es umschreiben. Ich verpacke die Story dann ein bisschen anders, damit nicht jedem gleich klar ist, was genau gemeint sein könnte. Aber die eigenen Lebensphasen spiegeln sich auf jeden Fall in den Songs wider.
Was ist, wenn die Songs nicht mehr dem entsprechen, was Sie gerade fühlen, wenn sie veröffentlicht werden?
Die Entstehungsgeschichte eines Songs kann sehr lang sein. Als ich 2013 nach Los Angeles ging, hatte ich Fragmente für die ersten fünf Titel im Kopf, einzelne Riffs, ein Thema oder den Text für einen Refrain. Dort wurden aus diesen Ideen Songs. Diese ersten fünf sind ja schon auf der EP "Born in L.A." erschienen. Aber auch die fünf, die auf dem Album neu dazu kommen, gehören zu dieser kleinen Familie. Sie gehören in diese Periode, denn die Ideen stammen aus dieser Zeit, wenn auch die Ausarbeitung, das eigentliche Songwriting, erst später stattfand. Diese Stoffsammlung ist ein ständiger Prozess. Ich habe jetzt schon wieder haufenweise Sachen im Kopf, die ich aber absichtlich offen lasse. Ich packe nicht zu viel Info in diese Grundideen. So kann ich beim Ausarbeiten des Songs das reinschreiben, was ich in dem Moment fühle, auch, wenn die Idee schon älter ist. Ich hätte jetzt schon genug Material für ein zweites Album.
Davor muss aber "Born in L.A." erscheinen. Wieso dauert das so lange?
Wenn ich mich nur um meine Rockmusik kümmern könnte, würde ich jetzt mal eben nach L.A. fliegen, Songs schreiben, ins Studio gehen und im nächsten Monat gleich alles fertig produzieren. Aber so einfach ist es leider nicht. Ich habe so viel zu tun: Musicalengagements und Auditions, mein eigenes Musical, das Songschreiben für andere Künstler, alles Sachen, die mir Spaß machen und die meine Vielseitigkeit erhalten. Ich will nichts davon missen, aber die Folge ist, dass die Produktion meines Albums so lange dauert. Ursprünglich war die Veröffentlichung für 2016 terminiert, wir haben sogar schon drei Videos gedreht, dann kam mit "Story of Dakota" ein weiteres Projekt dazu, das den Terminplan über den Haufen geworfen hat. Aber ich bin da eigentlich in guter Gesellschaft (grinst). Axl Rose hat auch nach "The Spaghetti Incident?" ständig erzählt, dass es "nächstes Jahr" ein neues Album gibt. Als schon kein Mensch mehr daran geglaubt hat, kam "Chinese Democracy" - 2008, schlappe 15 Jahre später. Und der konnte sich nur darauf konzentrieren (lacht).
Dann bleibt ja noch ein bisschen Zeit. Sie scheiben beides, Musik und Text, oder?
Ja, fast immer.
Was kommt zuerst?
Das ist ganz unterschiedlich. "Beautiful Liar" habe ich in zehn Minuten geschrieben und während die Melodie entstand, kam der Text gleich mit. Es gibt Lieder, bei denen zuerst die Melodie steht und andere, für die mir der Text zuerst einfällt. Dann richtet sich die Melodie nach dem, was ich bei dem Song fühle, sie geht mit den Emotionen hoch und runter. Ich höre das alles in meinem Kopf. Ein Instrument brauche ich zum Komponieren gar nicht.
Das klingt...
... schräg? (lacht). Ja, das können sich sogar meine Songwriter-Kollegen nicht so richtig vorstellen. Üblicherweise setzt man sich ans Klavier oder greift sich die Gitarre und legt los. Bei mir passiert das nur in meiner Vorstellung. Ich stelle mir den Klang der Gitarre vor (singt zur Verdeutlichung ein paar Gitarrentöne) und dann schreibe ich das auf. Ich höre im Kopf, wie es klingen wird, deshalb kann ich auch überall schreiben. Erst kürzlich haben wir eine Szene unseres neuen Musicals verändert. Während wir am Klavier arbeiteten, hörte ich schon, was das Cello macht. Erklären kann ich es nicht, es war immer schon so.
Welche Atmosphäre brauchen Sie fürs Songwriting?
Ich bin da ganz "old school": Am liebsten mag ich es, mit den Bandkollegen im Proberaum zu sitzen und eine Songidee gemeinsam immer weiter auszubauen. Das gelingt mit Menschen, die die Musik auf die gleiche Art und Weise fühlen. Ich habe vielleicht die Melodie im Kopf, dem Gitarrist fällt spontan ein Riff ein, der Bassist hört uns zu und zupft intuitiv ein paar rhythmische Elemente, etwas das genau passt, das ich aber gar nicht gehört hätte. Einzeln erreichen wir ein bestimmtes Level. Aber gemeinsam überschreiten wir Grenzen und erschaffen eine ganz andere Magie. Heute ist das ja technisch alles viel einfacher. Der eine sitzt in L.A., der andere in Sydney, der nächste in Berlin und wir schicken einfach die Files hin und her. Klar, das hat natürlich Vorteile - aber wo bitte bleibt die Faszination? Es geht wirklich nichts über das Gefühl, im Proberaum zu sitzen und mitzuerleben, wie ein Song so viel mehr wird als die Summe von Text, Rhythmus und Melodie.
Das ist heute, wo wir alle keine 16 mehr sind, nur organisatorisch etwas knifflig. Die meisten sind beruflich ständig unterwegs und stecken in den unterschiedlichsten musikalischen Projekten. Damit ich ein bisschen alternieren kann, gehören zu meiner Band White Sage mehrere Mitglieder. Es gibt schon eine feste Besetzung, aber nicht alle sind immer bei jedem Termin dabei. Wichtig ist, dass wir alle die gleiche Wellenlänge haben. Ob’s passt oder nicht merkt man aber beim Songwriting sehr schnell. Stell dir vor, du hast eine Superidee und spielst die voller Begeisterung jemandem vor, der dann aus deinem Rocksong eine Jazzinterpretation macht. Das passt nicht. Daran ist keiner schuld, das hat auch gar nichts mit der Qualität der Arbeit zu tun, sondern einfach mit dem Gefühl. Man schreibt aus dem Bauch heraus. Es passt mit dem einen, mit dem anderen passt es eben nicht.
Und mit Heiko Fischer passt es?
Absolut. Heiko ist ein unglaublich vielseitiger Musiker, der u.a. bei der deutschen Rockband Stanfour Gitarre spielt. Auch der Stanfour-Leadsänger Konstantin Rethwisch gehört zum Team. Mit Heiko Fischer habe ich "Born in L.A." auch produziert. Wir verstehen uns unfassbar gut. Wenn ich gar nicht richtig in Worte fassen kann, welche musikalische Idee mir im Kopf herumschwebt, hört er zu, sagt dann "ok, ich glaube, ich weiß, was du meinst" und spielt genau das, was ich versuche zu erklären. Perfekt.
Für White Sage gibt es eine separate Webseite, nur auf englisch. Wieso?
Ich wollte meine Rockmusik bewusst vom Musicalbereich abkoppeln. Und da ich sowieso englische Texte schreibe, lag es nahe, den Internetauftritt dem anzupassen. Viele sagen ja, dass ich mit meiner Musik nach London oder in die USA muss. Gute alte Rockmusik ist in Deutschland so gut wie tot, ich kenne keine einzige neue Rockband dieser Stilrichtung, die hier einen Plattenvertrag bekam. Deshalb muss ich mit White Sage ja fast zwangsläufig ein internationales Publikum anpeilen. In den Staaten ist das schon anders. Rival Sons zum Beispiel ist eine geniale neuere US-Band, die in Deutschland mit Deep Purple auf Tour war. Ozzy Osbourne hat den Auftritt gesehen und war völlig begeistert. Jetzt touren Rival Sons mit Black Sabbath. So läuft das in dem Business. Bewerbungen muss man da keine schreiben.
Man spürt, dass Sie für Ihre Rockmusik brennen. Wie passt das mit Musical zusammen?
Rockmusicals wie "Jesus Christ Superstar" oder "We Will Rock You" schlagen ja eine Brücke zwischen den Bereichen. Als ich mit Anfang 20 in Los Angeles gelebt habe, habe ich als Fitnesstrainer und als Barkeeper Geld verdient, parallel meine Gesangsausbildung vertieft, meine eigenen Songs geschrieben und als Leadsänger mit diversen US-Coverbands Konzerte gegeben. Teils stand ich bis morgens um vier Uhr hinter dem Tresen oder auf der Bühne, und nach kaum ein paar Stunden Schlaf ging’s schon weiter. So ein Leben hält man auf Dauer nicht durch. Hätte ich die Garantie gehabt, dass nach fünf Jahren der große Plattendeal klappt, wäre es etwas anderes gewesen. Aber im Musikbusiness gibt es keine Garantien. Und ich wollte auf jeden Fall mit dem Geld verdienen, was ich liebe: mit Gesang. Und da war noch mein Bruder Alex...
...der zu der Zeit schon auf der Musicalbühne stand?
Genau. Alexander war von 1996 bis 1998 bei "Les Misérables" in Duisburg dabei. Das war das erste Musical, das ich gesehen habe. Und obwohl es nicht meine Musikrichtung war, hat es mich echt umgehauen. Durch Alex konnte ich ja auch hinter die Kulissen blicken, diese ganze backstage-Atmosphäre fand ich natürlich auch super spannend. Dazu kam, dass ich in der Schule immer wieder hörte, ich sei perfekt für "sowas" (lacht). An der Stage School in Hamburg habe ich dann eine Musicalausbildung angefangen, die natürlich alle drei Bereiche umfasste, also Gesang, Schauspiel und...Tanz.
Das klingt jetzt nicht unbedingt so, als wären Sie ein begeisterter Tänzer.
Der Tanzunterricht war immer so früh, ich habe meistens lieber länger geschlafen. In der Schule war ich dann einfach ein bisschen später (lacht). Für mich war diese Ausbildung nicht das Richtige, deshalb habe ich sie auch nicht beendet. Mir war Gesang und Schauspiel wichtig, aber für mein Empfinden hatte ich ständig Tanzunterricht, also ausgerechnet das, was mich am wenigsten interessierte. Es hieß immer, man müsse ein Allrounder sein. Nur war mir klar, dass ich einen Tanzjob, immer vorausgesetzt, man würde mir jemals einen anbieten, sowieso nicht annehmen würde. Lustigerweise habe ich später ja mal den Danny in "Grease" gespielt. Der hat viel getanzt - aber glücklicherweise auch gesungen.
Dann haben Sie die Konsequenzen gezogen?
Ja. Ich wollte mich auf das konzentrieren, was mir wirklich wichtig ist. Ich wollte meine Stimme möglichst vielseitig einsetzen können und verschiedene Bereiche des Schauspiels von Grund auf kennenlernen. Die damalige Direktorin der Stage School kam selbst aus New York, sie meinte dann auch, ich sei dort wahrscheinlich besser aufgehoben. Also bin ich von Hamburg nach Amerika gezogen, zuerst nach Florida, später war ich an der Juilliard School in New York und dann in Los Angeles. Ich habe die Bel Canto Technik erlernt, also die klassische Gesangstechnik, die auch Opernsänger nutzen. Pavarotti beispielsweise hat mit dieser Technik gesungen.
Wie passt das zu einem Rocksänger?
Ganz viele Metalsänger sind klassisch ausgebildet. Man glaubt es zwar im ersten Moment kaum, aber die Bereiche sind sich sehr nah. Das Placement der Stimme ist gleich, man benutzt beim Metal nur andere Resonanzräume. Deshalb gibt es ja so viele Metal-Bands, die "Nessun Dorma" oder "Phantom of the Opera" singen. Judas Priest. Iron Maiden. Oder Manowar. Das ist sogar auf einem Album. Moment, ich such‘ das mal eben... (man hört gemeinsam in den Song rein)... klasse, oder? Das wollte ich auch können und vor allem wollte ich auch wissen, wie ich mir die Stimme dauerhaft erhalten kann. Dazu war die Master Class von Jo Estill eine ideale Ergänzung. Die Estill Voice Technique arbeitet mit einem anatomischen Ansatz. Gesang ist Stimmbänder und Luft. Durch die Stimmbänder kommt Luft und das erzeugt den Ton. Mehr gibt’s nicht. Den Rest erzeugt man, indem man die Stimme gezielt an unterschiedlichen Punkten ansetzt und unterschiedliche Resonanzräume nutzt.
Hilft dieses Wissen konkret?
Wenn man genau weiß, wie Stimme funktioniert, hat das im Alltag eines Sängers einen ganz direkten praktischen Nutzen. Wenn meine Nase verstopft ist und ich kaum Luft kriege, wäre es Blödsinn, die oberen Resonanzräume benutzen zu wollen. Ich muss aber durch die Show kommen. Also setze ich bewusst die Mundresonanz ein. Selber höre ich trotzdem noch jede Kleinigkeit, aber das Publikum wird von meiner Erkältung nichts bemerken. Hinzu kommt eine gewisse Leichtigkeit in der Stimme. Die fließenden Übergänge zwischen den Registern lernt man beim Bel Canto. Zusätzlich haben mir da auch die Gesangsstunden geholfen, die ich bei einer Gospelsängerin genommen habe. Mit welcher Leichtigkeit Gospelsänger ihre Stimmen einsetzen, ist wirklich fantastisch.
Beißen sich die verschiedenen Techniken nicht?
Nur, wenn man sie in einer Show einsetzen würde. Wenn ich in einer Gala zuerst "Highway to Hell", dann Magaldi, danach "Les Misérables" und am Schluss noch "König der Löwen" singen würde, das wäre blöd. Das liegt daran, dass man sich immer genau für das einsingt, was man für die Show braucht. Nur für meine Rockmusik wäre die Vielfalt nicht unbedingt nötig gewesen, aber es schadet ja nicht, mehrere Stile zu beherrschen. Je mehr man kann, desto besser. Wichtig ist auch, dass man übt, sonst verliert man irgendwann seine Range. Es gibt so viele Sänger, die die hohen Töne nicht mehr schaffen, wenn sie älter werden. Dem kann man aber entgegenwirken, indem man wirklich täglich übt. Ich singe auch im Auto. Was und wo du singst, ist völlig egal. Wichtig ist, dass man auch immer wieder neue Sachen ausprobiert.
Wenn man das vernachlässigt, zum Beispiel, wenn man über eine sehr lange Zeit immer nur ein und dieselbe Rolle spielt, dann nutzt man nur, was man für diese Rolle braucht. Dann ist es logisch, dass man den Rest irgendwann nicht mehr abrufen kann. Auch im Schauspiel ist Flexibilität immer von Vorteil. An der Juilliard School belegte ich Kurse in Bühnenschauspiel, in Los Angeles Workshops in Camera Acting, also im Film- und Fernsehschauspiel. Dass ich das mal so gut in einer Show vereinen kann, wie in "Jesus Christ Superstar" in Trier, war ein echter Glücksfall.
Rockkonzerte sind ja etwas völlig anderes, als Musical-Engagements. Ist es nicht schwierig, beidem gerecht zu werden, vor allem, wenn alles zeitlich parallel läuft?
Nein, im Gegenteil, für mich ist diese Situation sogar besonders inspirierend, weil ich so alles, was ich mir erarbeitet habe, immer wieder einsetzen kann. Wenn ich Konzerte gebe, kann ich machen, was ich will. Wenn mir nach einem Schrei ist, dann schreie ich eben. Bei einer Rolle ist der Rahmen abgesteckt. Wenn mich der Beat noch so zum Headbangen verführt, Judas macht das natürlich nicht. Sasha schon. Aber Judas nicht. Auf der Musicalbühne denke, fühle und handle ich wie die Figur, die ich darstelle.
Auch wenn mal etwas schiefläuft, wenn eine Requisite nicht am gewohnten Platz ist, der Bühnenpartner seinen Einsatz vergisst oder ich einen Texthänger habe, dann ist das Wichtigste, in der Rolle zu bleiben und blitzschnell so zu reagieren, wie der Bühnencharakter reagieren würde. Genau das macht für mich die Faszination von Schauspiel und besonders von Musical als Kombination von Musik und Schauspiel aus. Ich liebe es, in eine andere Welt einzutauchen und finde es heute noch aufregend, wie sich die Atmosphäre auch backstage fortsetzt. Wenn man von der Bühne kommt, sind ja auch überall die Klamotten, die Requisiten, Kollegen in Maske und Kostüm. Theater ist einfach eine unfassbar faszinierende Welt, die einen immer wieder überrascht.
Überraschungen gibt es auch so einige bei Ihren Rollen.
Stimmt (lacht). Das Biest in Martin Doepkes Fassung von "Die Schöne und das Biest" und Radames in "Aida" hat man von mir nicht unbedingt erwartet. Und es konnte sich kaum jemand vorstellen, dass ich Magaldi in "Evita" spiele. Mit dem Abendspielleiter am Wiener Ronacher habe ich früher schon gearbeitet. Er meinte, ich solle doch mal etwas komplett anderes machen als das, was man von mir kennt. Dann war das für mich plötzlich eine ganz neue Art von Herausforderung und es hat echt Spaß gemacht, diese Rolle zu erarbeiten, wenn mir auch zugegebenermaßen Che dann doch gesanglich irgendwie näher war. Auf jeden Fall war es eine wertvolle schauspielerische Erfahrung.
Trifft das auch auf "The Key" zu?
Ja, auf jeden Fall. „"The Key" war mein erster Kinofilm, ein Trash-Horrorstreifen à la Quentin Tarantino, ein echter Genrefilm, der in den USA haufenweise Preise holte. Regie führte Gedeon Burkhard, der auch die Hauptrolle übernommen hat. Ich durfte nach den ganzen "Liebesdingern" endlich mal einen Gangster spielen. Man sieht viel Blut und Gemetzel, aber es gibt auch eine mystische Geschichte:
Tim flieht vor einem Gangsterboss, weil er ihm einen Haufen Kohle schuldet. Zusammen mit seinem Kompagnon und ihren Frauen verbarrikadieren sie sich im abgelegenen Landhaus der Familie. Die Gangsterbande spürt sie auf und greift an. Aber dann erwachen Dämonen zum Leben. Der Gangsterboss ist total irritiert, weil er diese Familie vor 40 Jahren umgebracht hat. Er weiß nicht, dass Tim damals als Baby überlebte. Die Story ist schon sehr schräg, aber da ich ja immer offen für neue Projekte bin...
"Story of Dakota" ist auch so ein neues Projekt.
"Story of Dakota" ist ein wirklich ungewöhnliches musikalisches Experiment, die Stilrichtung könnte man als Ethno-Pop mit indianischen Einflüssen beschreiben, die Texte sind deutsch. Es ist auch eine junge Sängerin dabei, Johanna Schmidthals, die Musik in dieser Richtung macht, es klingt irgendwie "elfisch", ein bisschen nach "Herr der Ringe"...
...und im ersten Moment wieder nicht unbedingt nach Sasha Di Capri. Wie sind Sie zu dem Projekt gestoßen?
Ein Produzent, mit dem ich schon gearbeitet habe, hat mir erzählt, dass ein Sänger mit einer kräftigen hohen Stimme gebraucht wird, der ein bisschen "indianisch" aussieht. Ich sei perfekt. Die Musik ist nicht genau das, was man von mir kennt, aber irgendwie fand ich es trotzdem interessant. Und dann hieß es noch, dass die Videos an den Originalschauplätzen der Winnetou-Filme gedreht werden. Damit hatten sie mich. Als Kind habe ich Winnetou geliebt. Also habe ich zugesagt, allerdings unter der Voraussetzung, dass ich nicht als verkleideter Indianer rumlaufen muss. Wenn man das für einen Film macht, ist es etwas anderes, aber für ein Musikprojekt wäre es lächerlich und wohl für mich nicht das Richtige gewesen. Aber nein, hieß es, mit offenen Haaren siehst du sowieso wie ein Indianer aus, du brauchst dich nicht verstellen, sei einfach, wie du bist. Das fand ich gut. "Es wäre aber cool, wenn ihr wirklich einen echten Indianer hättet" sagte ich noch.
Und den hatten sie?
Robert Alan Packard. Das ist ein in Berlin lebender amerikanischer Schauspieler, der von den Sioux abstammt. Das gab dann den Ausschlag für meine Zusage, zusammen mit der Tatsache, dass die Videos in Kroatien gedreht wurden, in meiner Heimat. Es war wirklich eine Ehre, Robert kennenzulernen. Er spricht auf der CD bei zwei Songs einige Worte auf Lakota, einer alten Indianersprache, die auch heute noch gesprochen wird. Wir hatten viel Gelegenheit, uns zu unterhalten. Ich habe mich gefühlt wie Julia Roberts in "Eat, Pray, Love". Dieser weise, ältere Mann, der so viel Lebenserfahrung hat - ich war hin und weg von seinen Erzählungen. Wir haben uns super verstanden. Beim Dreh waren ein paar Leute dabei, die auch zur Crew der Winnetou-Neuverfilmung gehört haben. Die fragten mich, wo ich denn vor zwei Jahren gewesen sei.
Wieso?
Anscheinend wurde auf der ganzen Welt verzweifelt ein neuer Winnetou gesucht. Gefunden haben sie ein Model aus Albanien. "Mit Perücke und nach vielen Trainingseinheiten sah er aus, wie du sowieso aussiehst" hieß es. Schauspieler bin ich auch. Ich werde so oft gefragt, ob ich mal bei den Karl-May-Festspielen Winnetou war. Von den Castings für den Film habe ich absolut nichts mitbekommen. Ich war ein riesiger Winnetou-Fan und hätte da womöglich mitspielen können? Das muss man sich mal vorstellen.
Dann war es sicher ein besonderes Erlebnis, die Videos für „Story of Dakota“ genau dort zu drehen?
Oh ja. Es war genau dieselbe Stelle, genau vor diesem Berg standen Winnetou und Old Shatterhand auch immer. Ich liebe die alten Filme mit Pierre Brice und Lex Barker über alles. Die Neuverfilmung war meiner Meinung nach mehr ein Old Shatterhand-Film. Winnetou hat ja nicht gerade viel gesprochen, die besondere Verbindung zu seinem Pferd Iltschi hat gefehlt und dadurch, dass Nscho-tschi überlebt, ändert sich ja sowieso alles. Am Drehort hat man bis heute die "Gräber" von Winnetou und Nscho-tschi bestehen lassen, das zeigt ja, wie präsent die alten Filme bis heute sind. Die haben Generationen begeistert. Es gibt ein Making-Of von unserem Videodreh, da kann man alles genau sehen: den Blick von den Klippen, den See, die Höhle, in die sie hineingetaucht sind. Hier, (gemeinsamer Blick auf das Video) das ist der Weg, den Winnetou in Teil 3 nimmt, als die Gangsterbande ihm sein Pferd wegnehmen will. Dort reite ich auch entlang. Am Rand dieser Klippen haben wir gedreht, direkt am Abgrund, ohne Sicherung. Da geht’s richtig weit runter. Der Regisseur wollte ein perfektes Ergebnis, ein Take jagte das nächste. Und ich schlotterte bei Minus zwei Grad mit freiem Oberkörper.
Außerdem musste man auch höllisch aufpassen, das gesicherte Terrain nicht zu verlassen. Einmal ist eine Kameradrohne runtergefallen und das ganze Filmteam rannte los. Die Kroaten haben sofort geschrien, dass wir stehen bleiben sollen. In dieser Region können überall noch Minen sein. Die Lagepläne existieren nicht mehr, so dass niemand genau weiß, wo noch Minen liegen könnten. Das Drehgelände ist natürlich doppelt und dreifach gesichert, aber man sollte auf keinen Fall einfach so in der Gegend rumlaufen. Das könnte fürchterlich schief gehen.
Haben Sie eigentlich auch Songs für "Story of Dakota" geschrieben?
Das Team wollte mich nur als Sänger, dass ich auch Songwriter bin, wussten sie gar nicht. Es gab den einen oder anderen Song, der einfach viel zu "schlagerig" für mich war. Also habe ich einfach mal selbst einen geschrieben und mich sehr gefreut, dass "Meine Seele weint" auch mit auf das Album gekommen ist.
Ist auch eine Tour geplant?
Die CD gibt es seit Dezember 2016, je nach Resonanz sind Auftritte oder weitere Folgeprojekte geplant, aber es ist noch nichts entschieden. Ich muss das ja auch alles mit meinem Album und meinem Songwriting koordinieren.
Sie schreiben auch für andere Künstler, richtig?
Richtig! Vini Gomes und ich haben zusammen die Firma EclecTick Sounds gegründet und schreiben für Künstler der unterschiedlichsten Stilrichtungen, auch Schlager.
Das ist – einmal mehr – überraschend.
(lacht). Das hat sich zufällig ergeben. Eine Bekannte von Vini brauchte unbedingt einen Song und hat uns gefragt, ob wir nicht für sie schreiben können. "Was machst du denn für Musik?" haben wir gefragt und erstmal geschluckt, als sie "Schlager" antwortete. Das können wir gar nicht, auch, wenn wir wollen. Aber dann haben wir es trotzdem versucht. Das fertige Lied haben wir vorgesungen und uns dabei noch selber darüber lustig gemacht. Aber alle waren begeistert. Danach kam "Suerte" - zu deutsch „Glück“ - für meinen Bruder. Das ist aber eher so eine Art Latino-Schlager.
Besteht nicht die Gefahr, dass das Komponieren für ganz andere Stilrichtungen nicht so flott voran geht?
Wichtig ist, dass man sich darauf einlässt. Klar, wenn man etwas forcieren will, aber einfach nichts da ist, wenn man nicht "in der Zone" ist, dann kann es schon schwierig werden. Vor allem, wenn Abgabetermine anstehen. Dann darf man aber auch nicht zu streng mit sich selber sein. Auch wenn das Songwriting eher zäh gelaufen ist, dem Ergebnis hört ein anderer in der Regel nicht an, dass es nicht zehn Minuten, sondern einen ganzen Tag gedauert hat, bis der Refrain stand. Da hilft natürlich auch die Erfahrung, die man im Lauf der Jahre sammelt.
Diese Erfahrungen münden jetzt in Ihr erstes eigenes Musical.
Vini liebt genau wie ich die Rockmusik. Natürlich hat jeder von uns ein Rockmusical erwartet. "Unzertrennlich" geht aber musikalisch klar in Richtung Pop.
Warum?
Würden wir genau die Musik schreiben, die wir lieben, würden sich nur absolute Rockfans unser Musical anschauen. Die sind aber nicht gerade die typischen Musicalgänger. Schon bevor wir die erste Note geschrieben hätten, wäre klar gewesen, dass es richtig schwierig wird, für unser Stück ein Publikum zu finden.
Wovon handelt "Unzertrennlich"?
Es geht um Josh, einen bekannten Sänger, den sein Manager zusammen mit einer noch unbekannten Künstlerin auf Tour schickt. Es stellt sich heraus, dass sie Joshs Jugendliebe ist und der Manager das absichtlich so eingefädelt hat, damit er sich an Joshs Ehefrau ranmachen kann. Der Manager entpuppt sich als das Schwein.
Wer spielt "das Schwein"?
Niemand, bis jetzt. "Das Schwein" (lacht) wurde noch nicht gecastet. Ana Milva Gomes und Roberta Valentini übernehmen die Frauenrollen. Josh, die männliche Rolle, habe ich aktuell, obwohl ich sie eigentlich gar nicht selber spielen will. Mir wäre lieber, ich könnte das Stück von außen anschauen, um zu sehen, ob es so geworden ist, wie wir uns das beim Schreiben vorgestellt haben. Vini ist aber dafür, dass einer von uns die Rolle spielt. Als Schauspieler bekommt man nur das Buch, aber für uns als Autoren sind die Figuren aus dem Stück ja fast schon real. Ich weiß so viele Dinge über diese erfundene Person, die in der Geschichte gar nicht vorkommen, aber Joshs Handeln erklären. Natürlich habe ich Vini sofort vorgeschlagen, dass er ja Josh spielen kann. "Nö" meinte er, "es muss ja auch vom Alter her passen." Er ist zu jung. Tja, da hat er Glück gehabt. Auf der CD bin auf jeden Fall ich zu hören, die ist fast fertig, es fehlen nur noch Robertas Part und bei zwei Songs Cello und Gitarre. Parallel mit der CD sollen auch Präsentation, Webseite und Poster fertig werden. Wir haben auch schon einen Regisseur, den Musikalischen Leiter und die Band. Eigentlich fehlen jetzt nur noch Investoren.
Wie überzeugt man die?
Man muss das Produkt präsentieren, dabei ist es natürlich hilfreich, wenn man schon eine CD hat. Wichtig ist der Businessplan, der genau aufzeigt, was wir vorhaben. Kein Investor kauft die Katze im Sack. Wie viele Vorstellungen werden wo gespielt, welche Summe muss investiert werden um wie viel zu verdienen? Das sind Dinge, die ganz klar herausgearbeitet sein müssen. In Hamburg gibt es sogar schon ein Theater, das an "Unzertrennlich" interessiert ist. Wir sind da aber völlig offen. Unser Musical ist leicht aufzubauen, es lohnt sich auch, "Unzertrennlich" nur für drei Tage an ein Theater zu bringen, um Lücken im Spielplan zu füllen. Wir müssen auch gar nicht immer selbst spielen. Unser Ziel ist, dass die Theater unser Stück mit ihren eigenen Leuten aufführen. Deshalb erscheint "Unzertrennlich" auch unter unserer Produktionsfirma. Hätte ich nicht das Engagement bei "Evita" in Wien gehabt, wären wir jetzt schon fertig, wir haben geschrieben und geschrieben. Aber dann war ich nur noch tageweise in Hamburg, deshalb ging es nicht mehr so flott voran. Nun bin ich wieder zurück und wir können uns ganz darauf konzentrieren, "Unzertrennlich" an den Start zu bringen.
Das heißt, ein neues Engagement steht momentan nicht an?
Bis auf die beiden "Jesus Christ Produktionen", die ja beide eine sehr kurze Spielzeit haben, nichts, nein. Ich war bei keiner Audition und habe auch ein Angebot für eine Sommerproduktion nicht angenommen, weil ich sonst meine To-do-Liste gar nicht schaffe. Jetzt kommt die CD zu "Unzertrennlich", dann entscheidet sich, wie es mit "Story of Dakota" weitergeht und dann will ich endlich das "Born in L.A."-Album rausbringen. Und dann mache ich vielleicht doch mal Pause. Eine Woche oder so.
Interview: Sylke Wohlschiess
Die Fotos im Interview erscheinen mit freundlicher Genehmigung von:
Bettina Waldherr, Office Sasha Di Capri
Pressestelle Theater Trier ("Jesus Christ Superstar")
Julian-Keno Lilienthal, vierfotografen Hamburg (Konzertfotos)
Harry Maskallis, appeal advertising und Pressestelle Clingenburg-Festspiele ("Aida")
Pressestelle Ronacher Theater Wien ("Evita")
Alen Milic, FILMCroatia (Videodreh "Story of Dakota")
Herzlichen Dank.
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Darstellerprofil Sasha Di Capri